Die CAR-T-Zelltherapie basiert auf dem Prinzip, Immunzellen (T-Zellen) durch genetische Modifikation mit einem künstlichen chimären Antigenrezeptor (CAR) auszustatten. Dieser versetzt die Immunzellen in die Lage, spezifische Oberflächenstrukturen (Antigene) auf Krebs- oder anderen Zielzellen zu identifizieren und daraufhin eine entsprechende Immunantwort zu aktivieren.
Bei den bislang zugelassenen Therapieverfahren werden die T-Zellen mittels viraler Vektoren modifiziert und adressieren in den meisten Fällen das Zelloberflächenmolekül CD19, welches insbesondere bei bestimmten Arten von Blutkrebs und Lymphomen von den Zielzellen exprimiert wird.
Mit der ROR2-CAR-T-Zelltherapie entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Würzburg eine Immuntherapie, die sich sowohl in der Art der genetischen Modifikation, wie auch dem adressierten Zielantigen von den bisher zugelassenen Therapien unterscheidet. Diese soll nun, im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes, in die klinische Anwendung überführt werden.
Das ROR2-Protein ist ein Transmembranrezeptor, der vor allem während der Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle spielt. Es wird normalerweise nicht oder nur sehr geringfügig in normalen, gesunden Zellen und Geweben exprimiert. Bei einigen Krebsarten jedoch, darunter das Multiple Myelom und das klarzellige Nierenzellkarzinom, kommt es zu einer hochgradigen Expression auf den betreffenden Krebszellen. Dies macht das Antigen zu einem geeigneten Ziel für entsprechend ausgerichtete CAR-T-Zellen.
In diesem Projekt kommt ein neues, noch in der Erprobung befindliches Verfahren zur Herstellung autologer CAR-T-Zellen zum Einsatz. Die genetische Modifikation der patient*inneneigenen T-Zellen erfolgt hierbei über einen nicht-viralen Gentransfer, durch den, verglichen zum viralen Gentransfer, perspektivisch ein einfacherer, skalierbarerer und damit preiswerterer Herstellungsprozess ermöglicht werden kann. Der chimäre Antigenrezeptor wurde so konstruiert, dass er zusätzlich zur T-Zellaktivierung auch die Überexpression des Transkriptionsfaktors Batf3 initiiert, um die Persistenz der T-Zellen und die tumorizide Wirkung zu verbessern.
Das Fraunhofer IZI verantwortet zwei Schwerpunkte innerhalb des Projektes. Zum einen die präklinische Prüfung der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des neuartigen CAR-T-Zellproduktes im Rahmen einer GLP-Studie, zum andern die pharmazeutische Herstellung der klinischen Prüfpräparate für die klinische Studie, inkl. der vorherigen Etablierung und Validierung des Herstellungsprozesses sowie der sicherheitsrelevanten Qualitätskontrollen.
Die multizentrische klinische Studie (Phase I, first-in-human) wird an den Universitätskliniken Würzburg (Koordination, Prof. Dr. M. Hudecek), Regensburg und Leipzig realisiert.
Die Etablierung eines Gute Herstellungspraxis (GMP)‐konformen Herstellungsprozesses für die ROR2-CAR‐T-Zellen inklusive Qualifizierung aller Lieferanten und Geräte erfolgt am Fraunhofer IZI (Abteilung GMP Zell- und Gentherapie). Hierzu gehören auch die Validierung des Herstellungsprozesses anhand von drei Prozessvalidierungschargen, die Validierung aller sicherheitsrelevanten Qualitätskontrollmethoden (Testung auf Sterilität, Testung auf Bakterien-Endotoxine, Testung auf Mycoplasmen, Bestimmung der »Vector Copy Number«), die aseptische Prozesssimulation (APS) sowie die Aktualisierung der Sortimentliste der bestehenden generellen Herstellungserlaubnis für Arzneimittel für neuartige Therapien gemäß §13 Arzneimittelgesetz.
Im Rahmen der geplanten klinischen Studie agiert das Fraunhofer IZI als zentrale Herstellungsstätte. In den Reinräumen des Instituts werden sämtliche Prüfpräparate produziert und in den Qualitätskontrolllaboren im Rahmen von Inprozess- und Endproduktkontrollen auf ihre Qualitätsparameter geprüft. Nach der Freigabe durch die Sachkundigen Personen des Fraunhofer IZI werden die Prüfpräparate an die beteiligten Studienzentren zur Behandlung der Patientinnen und Patienten ausgeliefert.
Ziel des Projektes ist die Validierung eines Herstellungsprozesses inkl. sicherheitsrelevanter Qualitätskontrollen für ein neuartiges Zelltherapeutikum zur Behandlung fokaler Knorpeldefekte am Knie.
Das von der BioPlanta GmbH entwickelte Produkt basiert auf mesenchymalen Stammzellen, die aus der Nabelschnur gewonnen werden. Dieser Zelltyp zeichnet sich durch eine besonders hohe immunologische Verträglichkeit aus und eignet sich dadurch für allogene Therapiekonzepte. Die immunmodulierenden Eigenschaften der mesenchymalen Stammzellen wirken dabei entzündungshemmend, aktivieren regenerative Prozesse und leisten einen Beitrag zur Wiederherstellung hyalinen Knorpels. Therapieziele wären somit Schmerzlinderung, eine verbesserte Beweglichkeit und die Reduktion arthrotischer Symptome im Knie.
Im Rahmen des Verbundprojektes sollen die wissenschaftlich-technischen Voraussetzung für die pharmazeutische Herstellung der klinischen Prüfpräparate und dessen Abgabe an Patientinnen und Patienten im Rahmen einer klinischen Studie erarbeitet werden. Das Produkt ist als Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Product, ATMP) zu klassifizieren und fällt unter die Produktkategorie »biotechnologisch bearbeiteten Gewebeprodukte«.
Als Herzstück für den Nachweis einer sichereren, robusten und reproduzierbaren Herstellung sehen die nationalen und europäischen Regularien eine Validierung des Herstellungsprozesses und der zugehörigen sicherheitsrelevanten analytischen Methoden (Qualitätskontrollen) vor. Hierzu zählen die Testung auf Sterilität und auf Bakterien-Endotoxine. Teilziel ist die Aktualisierung der Sortiment-Liste innerhalb der bestehenden Herstellungserlaubnis des Fraunhofer IZI gemäß §13 Arzneimittelgesetz.
Das Produkt wurde zuvor bereits in der GLP-Prüfeinrichtung des Fraunhofer IZI umfangreichen Prüfungen unter GLP-Bedingungen hinsichtlich potenzieller unerwünschter Biodistribution und Tumorigenität unterzogen.
Krebsleiden sind die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Seit Jahren nehmen die Krebsneuerkrankungen stetig zu. Nach wie vor besteht ein enormer Bedarf an neuen Therapieoptionen, zur Behandlung verschiedenster Formen von Krebs. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und die Europäische Kommission haben 2017 bzw. 2018 mit der CAR-T Zelltherapie erstmals eine Zell- und Gentherapie zur Behandlung von Krebserkrankungen zugelassen. CAR steht dabei für einen »chimären Antigenrezeptor« der durch eine genetische Modifizierung auf den T-Zellen exprimiert wird. Der Rezeptor erkennt und bindet spezifische Antigene auf Krebszellen und aktiviert daraufhin eine gerichtete Immunantwort.
Diese revolutionäre Therapieform steht auch im Zentrum des Forschungsvorhabens ROR-1 CAR-T. ROR-1 ist ein Tyrosin-Proteinkinase-Transmembranrezeptor, der während der embryonalen Entwicklung stark exprimiert wird, jedoch kaum auf gesunden adulten Zellen. Auf Tumorzellen des Mantelzell-Lymphoms sowie beim Mammakarzinom konnte eine sehr starke ROR-1-Expression nachgewiesen werden. Mit CAR-T Zellen, die gegen das Oberflächenmolekül ROR-1 gerichtet sind, sollen hämatologische Tumore wie das Mantelzell-Lymphom aber auch solide Tumore wie Brust- und Lungenkrebs adressiert werden.
Für die Herstellung eines solchen Therapeutikums werden Patient*innen körpereigene Immunzellen mittels Leukapherese entnommen. Anschließend erfolgt die Selektion von T-Helferzellen und zytotoxischen T-Zellen durch magnetische Zellseparation. Durch einen nicht-viralen Gentransfer wird das genetische Material für den CAR mit Hilfe des »Sleeping Beauty«-Transposon-Systems (springendes Gen) in das Genom der T-Zellen eingeschleust. Die T-Zellen werden dadurch so umprogrammiert, dass sie ROR-1-positive Krebszellen als »fremd« erkennen und durch die Ausschüttung zytotoxischer Botenstoffe abtöten. Die umprogrammierten Zellen werden vermehrt und dem*der Patient*in intravenös verabreicht.
Das Projekt wird als Pilotvorhaben durch die Proof-of-Concept-Initiative gefördert, die von der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft und der Deutschen Hochschulmedizin initiiert wurde, um die Translation von innovativen Forschungsvorhaben zu fördern. Mit Hilfe der Förderung wurden am Fraunhofer IZI präklinische Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit der ROR-1 CAR-T Zellen durchgeführt und die pharmazeutische Herstellung des Therapeutikums etabliert, mit dem Ziel die klinische Translation in einer Phase I/II Studie (First-in-Human) zu realisieren.
Im Projekt wurden zunächst Testchargen hergestellt, anhand derer der Prozess in Bezug auf die anspruchsvolle Herstellung unter GMP-Bedingungen optimiert und die notwendige Ausrüstung qualifiziert wurde. Nach der erfolgreichen Prozessetablierung und Festlegung der notwendigen Spezifikationen wurden drei erfolgreiche Validierungschargen im Reinraum hergestellt und die analytischen Methoden etabliert.
Mit den in diesen Validierungschargen generierten Zellprodukten wurden zudem die mikrobiologisch sicherheitsrelevanten analytischen Methoden (Mycoplasmen, Sterilität, Bakterien-Endotoxine) sowie der Nachweis der genomischen Sicherheit (Bestimmung der Kopienzahl des Vektors) validiert. Abschließend wurde eine Produktstabilitätstestung mit erfolgreicher Durchführung einer weiteren Charge abgeschlossen. Die Aufnahme des klinischen Prüfpräparats in die bestehende Herstellungserlaubnis gemäß § 13 AMG bei der zuständigen Behörde wurde nach Abschluss der Validierungen erfolgreich beantragt.
Die CAR-T Zelltherapie ist eine Krebsimmuntherapie. Sie nutzt körpereigene T-Zellen des*der Patient*in, um bestimmte Krebsarten zu bekämpfen. Dazu werden die Zellen in der Klinik durch eine Leukapherese entnommen und in vitro gentechnisch so umprogrammiert, dass sie mittels eines chimären Antigenrezeptors Krebszellen erkennen, die ein spezielles Antigen auf der Zelloberfläche tragen. Nach einer lymphodepletierenden Chemotherapie werden die umprogrammierten Zellen dem*der Patient*in infundiert, wo sie sich vermehren und die Immunreaktion starten können.
Das Fraunhofer IZI begleitet und unterstützt das Unternehmen Novartis bereits seit 2015 bei der Herstellung und Weiterentwicklung des CAR-T Zelltherapeutikums Kymriah® (Tisagenlecleucel).
Nach erfolgreicher Etablierung der Routineherstellung in den Novartis-Herstellungsbetrieben, konzentriert sich die weitere Zusammenarbeit auf die Herstellung neuartiger von Novartis entwickelter »next generation« CAR-T Prüfpräparate. Ein wesentliches Merkmal der sogenannten T-Charge™-Plattform ist die Bewahrung / Verbesserung der T-Zell-»stemness«, also der Fähigkeit von T-Zellen, sich selbst zu erneuern und zu reifen. Es führt zu einem Produkt mit größerem Proliferationspotenzial und weniger »erschöpften« T-Zellen und ist somit wahrscheinlich eng mit dessen therapeutischen Potenzial verbunden.
Bei T-Charge™ erfolgt die Expansion der CAR-T Zellen in erster Linie im Körper des*der Patient*in (in vivo), wodurch eine längere Kulturzeit außerhalb des Körpers (ex vivo) überflüssig wird. Neben den veränderten Eigenschaften der Zellen werden die T-Charge™-Produkte im Vergleich zur herkömmlichen CAR-T Technologie deshalb schneller für die Patient*innen verfügbar sein, da die Prozesse vereinfacht und die Qualitätskontrolle optimiert werden. Davon würden sowohl Patient*innen wie auch das Gesundheitssystem im Allgemeinen profitieren.
Die Abteilung GMP Zell- und Gentherapie kooperiert mit Iovance Biotherapeutics Inc. (San Carlos, CA, USA). Ziel der Zusammenarbeit ist der Technologietransfer und die anschließende Herstellung allogener Feeder-Zellen. Diese finden Anwendung in Iovances Herstellungsprozess für Tumor Infiltrierende Lymphozyten (TIL). Das Fraunhofer IZI unterstützt damit die europäischen klinischen Studien von Iovance zur Behandlung solider Tumore wie metastasischer Melanome sowie Gebärmutterhalskrebs.
Iovance Biotherapeutics, Inc. ist ein Biotechnologieunternehmen mit Fokus auf der Entwicklung von Immuntherapien zur Behandlung verschiedener Formen von Krebs. Der am weitesten fortgeschrittene Produktkandidat ist dabei eine adoptive Zelltherapie basierend auf Tumor Infiltrierenden Lymphozyten (TIL). Untersucht wird dessen Wirksamkeit bei der Behandlung von Patient*innen mit metastatischen Melanomen, rezidivierenden und / oder metastatischen Plattenepithelkarzinome an Kopf und Nacken sowie rezidivierenden und / oder persistierenden Gebärmutterhalskrebs. Weiterführende Informationen unter www.iovance.com.
Herstellung von Kymriah®
Entwicklung einer additiven Produktionsplattform für biologisch abbaubare, patientinnenspezifische Brustimplantate für eine natürliche Rekonstruktion des Brustgewebes
Erlangung einer Herstellungserlaubnis für CardAP-Zellen
autoCard-Studie
Herstellung von DCVax®-L für die amerikanische Biotechnologiefirma Northwest Biotherapeutics, Inc.
Herstellung und Qualitätskontrolle von EpiDex (ein aus autologen Zellen der äußeren Haarwurzelscheide (ORS) gezüchtetes epidermales Äquivalent zur Behandlung chronischer Wunden) zusammen mit der euroderm GmbH Leipzig / Deutschland
Herstellung und Qualitätskontrolle von autologen Stammzellpräparaten aus Nabelschnurblut (InnovaCB) zusammen mit der InnovaStem GmbH Leipzig / InnovaStem S.r.l. Brescia / Italien
Prozesstransfer und Herstellung des auf Dendritischen Zellen beruhenden klinischen Prüfpräparats Cvac™ für die australische Biotechnologiefirma Prima BioMed Ltd.