Seltene Nebenwirkung bei Immuntherapie gegen Krebs
Forschende haben eine seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung bei einer innovativen Therapieform von Blutkrebs entdeckt und analysiert. Die Ergebnisse der Studie sind von Wissenschaftler*innen der Universitätsmedizin Leipzig, des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie sowie der Uniklinik Köln im hochrangigen Journal Nature Medicine veröffentlicht worden.
Formen von Blutkrebs, wie die Lymphome und das Multiple Myelom, sind bösartige Tumorerkrankungen die sich von Abwehrzellen, den Lymphozyten, ableiten. Seit wenigen Jahren sind CAR-T-Zell-Therapien ein essenzieller Bestandteil der Behandlung von Patient*innen deren Lymphom beziehungsweise Multiples Myelom wieder auftritt. Dabei werden patienteneigene T-Lymphozyten (T-Zellen) genetisch modifiziert, um mittels eines chimären Antigenrezeptors (CAR), die Krebszellen gezielt zu erkennen und zu eliminieren.
In der aktuellen wissenschaftlichen Publikation wurde ein besonderer Fall untersucht. Ein 63-jähriger Patient mit Multiplem Myelom entwickelte neun Monate nach einer CAR-T-Zelltherapie an der Universitätsklinik Köln ein T-Zell-Lymphom, das sich neben dem Blut auch in der Haut und im Darm zeigte. Der Tumor entstand aus den genetisch veränderten T-Zellen, die zur Behandlung eingesetzt wurden.
Dies ist einer der ersten dokumentierten Fälle eines solchen Lymphoms nach einer CAR-T-Zelltherapie. Die Erkenntnisse dieser Studie helfen, die Risiken der Therapie besser zu verstehen und möglicherweise in Zukunft zu verhindern. Die Forschenden fanden heraus, dass nicht nur aktuelle genetische Veränderungen der T-Zellen für den Tumor verantwortlich waren. Auch bereits vorhandene, also früh angelegte Genveränderungen der blutbildenden Zellen des Patienten spielten eine Rolle. Die Forschenden nutzten modernste Technologien, um die Entwicklung des Tumors genau zu untersuchen. Zur Analyse des Phänomens wurden verschiedene Verfahren des Next-Generation-Sequencing eingesetzt, eine Hochdurchsatz-Technologie zur Analyse von DNA- und RNA-Sequenzen. Whole-Genome-Sequencing diente der Identifikation genetischer Veränderungen, während Einzelzell-RNA-Sequenzierung das Transkriptom der CAR-T-Zellen analysierte, um Gene und Signalwege zu untersuchen.
Diese Methoden waren bereits vorher in enger Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Maximilian Merz an der Universitätsmedizin Leipzig und von Dr. Kristin Reiche am Fraunhofer IZI etabliert worden, dadurch konnte der Fall innerhalb kürzester Zeit analysiert und ausgewertet werden. „Dieser Fall liefert wertvolle Erkenntnisse zur Entstehung und Entwicklung eines CAR-tragenden T-Zell-Lymphoms nach innovativen Immuntherapien und zeigt die Bedeutung von genetischen Wegbereitern für eine solche mögliche Nebenwirkung“, kommentiert Prof. Dr. Merz, Oberarzt an der Klinik für Hämatologie, Zelltherapie, Hämostaseologie und Infektiologie des Universitätsklinikums Leipzig und korrespondierender Autor der Studie.
Die Forschenden planen weitere wissenschaftliche Untersuchungen, um ähnliche Fälle besser zu verstehen und Risikofaktoren genauer bestimmen zu können. Ziel ist es, solche Nebenwirkungen nach CAR-T-Zelltherapien, die aktuell einen immer breiteren Einsatz finden, in Zukunft vorhersagen und verhindern zu können.
Originalpublikation in Nature Medicine
Braun T, Rade M, Merz M et al. Multiomic profiling of T cell lymphoma after therapy with anti-BCMA CAR T cells and GPRC5D-directed bispecific antibody. Nat Med (2025). doi: 10.1038/s41591-025-03499-9
Originalpressemeldung des Universitätsklinikum Leipzig