Fraunhofer setzt auf Automatisierungstechnologien in der medizinischen Forschung
Als Vorreiter auf dem Gebiet der angewandten Forschung bündelt die Fraunhofer-Gesellschaft die Expertise von 23 Fraunhofer-Einrichtungen, um im Innovationscluster »Produktion für Intelligente Medizin« neue Entwicklungs- und Herstellungstechnologien für innovative Zell- und Gentherapeutika sowie Impfstoffe zu entwickeln. Geplant ist in einem ersten Projektabschnitt die Konzeptionierung einer modularen Pilotanlage zur automatisierten Produktion dieser Therapeutika. Industrie 4.0 soll so mit Gesundheit 4.0 vereint werden.
Die personalisierte Medizin mit Arzneimitteln für neuartige Therapien, sogenannten ATMPs (Advanced Therapy Medicinal Products), ist ein Meilenstein in der Behandlung komplexer Erkrankungen wie Krebs. Bisher wird die Herstellung dieser ATMPs zum größten Teil manuell abgewickelt. Sie ist zeitaufwendig und kostenintensiv und darüber hinaus kann nur für eine begrenzte Zahl an Patientinnen und Patienten produziert werden. Dies limitiert die Verfügbarkeit innovativer Therapeutika für dringend darauf angewiesene Patienten bislang noch stark.
Parallel dazu hat sich auch am jüngsten Fall der COVID-19-Pandemie erneut gezeigt, welche enormen Herausforderungen im Kontext der Entwicklung und nachfolgenden Herstellung spezifischer Impfstoffe bestehen, um damit auf neuartige Bedrohungslagen zu reagieren.
Das Fraunhofer-Innovationscluster »Produktion für Intelligente Medizin« setzt hier an und verbindet das biologische und medizinische Know-how der Institute in der Herstellung von Zell- und Gentherapeutika sowie von Impfstoffen mit der Expertise in Automatisierungstechnologien und der autonomen Steuerung industrieller Prozesse.
Unter Federführung der Fraunhofer-Institute für Zelltherapie und Immunologie IZI, Experimentelles Software Engineering IESE, Produktions- und Automatisierung IPA, Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME sowie Arbeitswirtschaft und Organisation IAO wollen die Wissenschaftler*innen Automatisierungstechnologien in die medizinische Forschung und Anwendung im Herstellungsbereich überführen. Ziel des Vorhabens in seiner ersten Phase ist die Entwicklung innovativer Konzepte für digitale, KI-gestützte, Roboter-assistierte und automatische Herstellung von Arzneimitteln wie Zell- und Gentherapeutika sowie Impfstoffen.
Immer passgenauere individualisierte therapeutische Strategien lassen auf einen höheren Behandlungserfolg beispielsweise in der Krebsmedizin hoffen. Ziel dieses Fraunhofer-Innovationsvorhaben ist es daher, die Verfügbarkeit und Qualität von modernen personalisierten Krebs- und Immuntherapien sowie von Impfstoffen drastisch zu erhöhen. Automatisierungstechnologien können zudem zu einer enormen Senkung der Herstellungskosten beitragen und damit auch für eine deutliche Entlastung des Gesundheitssystems sorgen.
Das Fraunhofer IZI fokussiert im Geschäftsfeld Zell- und Gentherapeutika unter anderem auf die GMP-Herstellung von ATMPs und betreibt eine von Europas größten Herstellungsanlagen in diesem Bereich. Das Institut ist u.a. eine zentrale Herstellungs- und Entwicklungsstätte für das CAR-T-Zelltherapeutikum Kymriah®, mit dem seit August 2018 Patientinnen und Patienten mit bestimmten lebensbedrohlichen Blutkrebserkrankungen behandelt werden. Darüber hinaus hat das Institut zusammen mit dem Fraunhofer IPA und dem Fraunhofer FEP eine Pilotanlage zur Herstellung sicherer und effektiverer Impfstoffe mittels niedrigenergetischer Elektronenbestrahlung entwickelt, die derzeit zusammen mit einem Industriepartner in die Serienreife überführt wird.