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Dr. Ulrich Blache
Projektleitung am Fraunhofer IZI, ICON-Projekt Designer-NK
Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie
Perlickstraße 1
04103 Leipzig
Telefon +49 341 35536-3220
Um an die ersten Erfolge T-Zell-basierter Krebsimmuntherapien anzuknüpfen und sowohl deren Anwendungsspektrum wie auch -breite zu erweitern, rückt eine weitere Art von Immunzellen in den Fokus biomedizinischer Forschung – Natürliche Killerzellen (NK-Zellen).
Im Gegensatz zu T-Zellen, eignen sich NK-Zellen aufgrund ihrer sicheren Übertragbarkeit zwischen gesunden Spenderinnen und Spendern und an Krebs erkrankten Personen auch für allogene Therapieformen. Dies ermöglicht eine standardisierbare und kosteneffiziente Vorratsproduktion, bei der die Produkte bedarfsgerecht abgerufen werden können.
Bevor allogene NK-Zellen als effizientes Medikament zum Einsatz kommen, müssen diese genetisch modifiziert und mit neuen Rezeptoren, die Krebszellen erkennen können, ausgestattet werden. Ein Fokus der strategischen Partnerschaft zwischen den Forschenden des Universitätsklinikums Oslo und des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie liegt dabei auf modifizierten T-Zell-Rezeptoren (TCR), die in der Lage sind, Fragmente intrazellulärer Krebsantigene auf HLA-I-Komplexen zu erkennen. Im Vergleich zu CAR (Chimeric Antigen Receptor)-T-Zellen, die nur Oberflächenantigene erkennen können, wird dadurch das Spektrum möglicher Zielantigene um ein Vielfaches erweitert.
Um entsprechende Forschungsergebnisse möglichst schnell in die klinische Anwendung zu überführen, werden bei sämtlichen Entwicklungsschritten die Prozesslösungen für die pharmazeutische Produktion direkt mitgedacht und berücksichtigt. Die Fraunhofer-Institute IZI und IPA (Institut für Produktionstechnik und Automatisierung) bringen hierbei ihre Erfahrung im Bereich der GMP-Prozessentwicklung und der Entwicklung von Automatisierungslösungen für die Herstellung von Zelltherapeutika ein.
Ziel von REANIMA ist es, neue Therapien für die Herzregeneration bereitzustellen. Es ist europaweit das erste Projekt, das in diesem Bereich Ergebnisse aus der Grundlagenforschung einbezieht, um diese in die medizinische Anwendung zu überführen. Das in Tiermodellen gewonnene Wissen soll umfassend analysiert werden, um so neue regenerative Therapien zur Behandlung von Herzinsuffizienz zu entwickeln. Das Projekt wird im EU-Programm Horizon 2020 gefördert. Das Fraunhofer IZI gehört dem Projektkonsortium an, das insgesamt zwölf europäische Partner vereint.
Projektkoordination
Centro Nacional de Investigaciones Cardiovasculares (CNIC)
Grant Agreement No
874764
Zell- und Gentherapien sind innovative Behandlungsmethoden, die kurative Ansätze für schwere, bisher nicht heilbare Krankheiten ermöglichen. Dazu zählen Therapien mit genetisch modifizierten Zellen als Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMPs). Bei CAR-T-Zelltherapien werden patient*inneneigene T-Zellen mit chimären Antigenrezeptoren (CAR) modifiziert. Zugelassene sowie die Mehrheit, der sich in Entwicklung befindlicher, neuer CAR-T-Zellen basieren auf der stabilen gentechnischen Modifizierung patient*inneneigener Zellen mittels viraler Vektoren. Da die CAR-T-Zelltherapie eine sehr junge Methode ist, sind die Langzeitfolgen noch wenig untersucht. Des Weiteren kommt es durch persistente CAR-T-Zellen teilweise zu starken Nebenwirkungen. Eine Alternative zur stabilen Veränderung ist die vorübergehende Modifikation von Zellen mittels einer für das CAR-Protein kodierenden Boten-RNA (mRNA).
Ziel der Kompetenzplattform ist die Entwicklung von transienten CAR-Zelltherapeutika für die Behandlung von immun-mediierten Erkrankungen. Dazu werden neue mRNA-Techniken und Nanotransporter-Systeme entwickelt. Auf diese Weise sollen in einem Etablierungsprojekt CAR-T-Zellen gegen aktivierte Fibroblasten generiert werden. Zur Funktionstestung kommen humane 3D-Zellkultur- und Gewebemodelle der Fibrose sowie eine neuartige Imaging-Plattform zum Einsatz. Weiteres Ziel ist der Transfer der Technologie auf Natürliche Killer (NK)-Zellen, um Spender-unabhängige CAR-Zelltherapien zu entwickeln.
Weiterhin werden mittels der Plattform mRNA-basierte CAR-Zelltherapeutika entwickelt, die ein erhöhtes Sicherheitsprofil aufweisen. Damit entsteht ein transienter ATMP-Ansatz zur Behandlung von fibrotischen Erkrankungen. Um den zukünftigen Bedarf von CAR-Zelltherapien erfüllen zu können, wird der Übergang von autologen (patient*inneneigenen) zu allogenen (spender*innenfremden) Produkten gefördert, so dass mit einem Produktbatch möglichst viele Patient*innen behandelt werden können.
Bei Erfolg des Etablierungsprojekts sollen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ITEM weitere Ex-vivo-Modelle von fibrotischen Geweben für die Testung der CAR-Zellen eingesetzt werden. Zugleich soll die Plattform mittelfristig um andere zelltherapeutische Wirkweisen (z. B. T-Zellrezeptor-modifizierte Zellen) sowie andere Zielindikationen (z. B. Arthrose) erweiterte werden.
Die Markteinführung der ersten programmierten Killerzellen (Chimäre Antigenrezeptor (CAR)-tragende T-Zellen) erweiterten die therapeutischen Möglichkeiten von Blutkrebspatient*innen erheblich. Allerdings bleibt der Einsatz von CAR-modifizierten T-Zellen, aufgrund ihrer biologischen Eigenschaften, besonders bei der Behandlung solider Tumore hinter den Erwartungen zurück. Das liegt vor allem daran, dass die therapeutischen Zellen häufig nicht in der Lage sind bis in die Tumormasse vorzudringen. Hierbei ist bekannt, dass die Tumorumgebung (das sogenannte Mikromilieu) die Aktivität der programmierten Killerzellen hemmt. Um diese Herausforderungen aktiv anzugehen, wird die Eignung verschiedener Ausgangszellen zur Entwicklung neuer Zell- und Gentherapeutika geprüft. Im Rahmen dieses Projekts wird mitels CAR-Makrophagen ein neuer zellulärer Therapieansatz gegen bisher schwer behandelbare solide Tumore untersucht. Dazu werden Makrophagen aus humanem Spendermaterial isoliert und anschließend mit chimären Antigenrezeptoren (CAR) ausgestattet, die gegen prominente Tumorantigene gerichtet sind. Die Fähigkeit der CAR-Makrophagen Tumorzellen zu bekämpfen, soll dabei durch die Induktion und lokale Freisetzung von Typ-I-Interferonen (Typ1-IFNe) maximiert werden. Zudem wird erwartet, dass die Makrophagen das tumorigene Milieu des soliden Tumors in ein anti-tumorigenes Milieu umprogrammieren, um einen Tumorwachstummstopp zu erzwingen und die Tumorzellen gleichzeitig gegenüber Standardtherapien zu sensibilieren. Ihrer biologischen Funktion entsprechend können Makrophagen weiterhin: 1. Tumorzellen aktiv phagozytieren und 2. tumorspezifische Antigene präsentieren, die wiederum andere Immunzellen im Kampf gegen den Tumor aktivieren.
Die Nutzung von CAR-Makrophagen kann die Therapieoptionen für verschiedene Arten von Tumoren enorm erweitern. Anders als teure, patient*innenspezifische Zelltherapeutika können Makrophagen auch von Fremdspendern (als allogenes Produkt) genutzt und eingesetzt werden. Besonders Transportwege und -zeiten könnten so reduziert und die Verfügbarkeit der Therapien für betroffene Patient*innen signifikant gesteigert werden.
Die Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (Graft-versus-host disease, GvHD) zählt mit einer Inzidenz von 30–40 Prozent zu den Hauptkomplikationen nach allogener hämatopoetischer Zelltransplantation. Herkömmliche Behandlungsmethoden zielen auf eine unspezifische Unterdrückung des gesamten Immunsystems ab, was das Risiko für Infektionen und Rezidive signifikant erhöhen kann. Zudem können die zu erwartenden Langzeiterfolge gering und sowohl mit hepato- als auch nephrotoxischen Nebenwirkungen vergesellschaftet sein. Das macht die Entwicklung weniger belastender Therapiealternativen dringend notwendig.
Die Abteilung Zell- und Gentherapieentwicklung erarbeitet Protokolle und Verfahren, um die Herstellung des ATMPs (Arzneimittel für neuartige Therapien) Palintra® zur Prävention der GvHD unter GMP-Bedingungen vorzubereiten. Durch Vorinkubation eines hämatopoetischen Zelltransplantats mit einem anti-humanen CD4-Antikörper werden unerwünschte Immunreaktionen gegen das Empfängergewebe nach Transplantation reduziert. Der anti-Tumoreffekt (GvL-Effekt), der vor der Entstehung eines Rezidivs schützt, bleibt jedoch erhalten.
Als Teil der präklinischen Entwicklungsphase wurden zellbasierte funktionelle Assays etabliert, welche erstmalig die Funktion dieses Immuntoleranz-induzierenden, anti-humanen CD4-Antikörpers in vitro messen können (Potency Assays). Mittels Next Generation Sequencing sollen zudem Veränderungen im Transkriptom von T-Zellen aufgedeckt und daraus der molekulare Wirkmechanismus des Antikörpers abgeleitet werden. Zusätzlich wird die Behandlungseffizienz von Palintra® zur GvHD-Prävention in vivo untersucht und mit konventionellen Therapien verglichen.
Neben der Erfüllung präklinischer, behördlicher Auflagen sind aus den aufgeführten Experimenten neue Erkenntnisse bzgl. immunologischer Prozesse in der Induktion von Immuntoleranz und bzgl. der GvHD möglich. Die Modelle und Erkenntnisse sind nicht nur für die hämatopoetische Zelltransplantation, z. B. zur Leukämiebehandlung, sondern auch für die Stammzelltransplantation bei anderen Indikationen (z. B. Autoimmunerkrankungen) von hohem Wert.
Zell- und Gentherapeutika, sogenannte Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP), besitzen ein sehr großes therapeutisches Potenzial. In der Hämatologie und Onkologie kommt beispielsweise die CAR-T-Zelltherapie seit 2018 in Deutschland zum Einsatz. Komplexe Logistikprozesse aus zentralen Produktionsstätten sowie unflexible Herstellungs- und Anwendungsschemata machen die Herstellung dieser Zelltherapeutika jedoch sehr zeit- und kostenintensiv. Im EU-Projekt »AIDPATH« (Artificial Intelligence-driven, Decentralized Production for Advanced Therapies in the Hospital) arbeiten Projektpartner aus Industrie und Forschung nun an der Entwicklung einer automatisierten und intelligenten Anlage, die in der Lage ist, eine zielgerichtete und patient*innenspezifische Zelltherapie direkt am Behandlungsort, also im Krankenhaus herzustellen. Zusätzlich befasst sich das Projekt mit der Integration der Anlage in das Krankenhausumfeld und berücksichtigt dabei Logistikprozesse sowie das Datenmanagement und die Datensicherheit.
Das Fraunhofer IZI bringt in das Vorhaben sein Know-how insbesondere in der Automatisierung der Herstellungsprozesse und der Anlagenvernetzung ein. Der Hauptstandort Leipzig ist schon seit längerem eine zentrale Herstellungs- und Entwicklungsstätte für ein CAR-T-Zelltherapeutikum, das zur Behandlung bestimmter Formen von Blutkrebs verwendet wird.
Das im Januar 2021 gestartete Projekt »AIDPATH« wird unter dem Förderkennzeichen 101016909 für vier Jahre im Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation Horizon 2020 gefördert.
AIDPATH-Projektkonsortium