Präklinische Validierung

Projekte

Entwicklung eines antiviralen Wirkstoffkandidaten mit Breitbandwirksamkeit zur Behandlung bei Infektion mit West-Nil- und Zika-Flaviviren

Projekt in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Impfstoff-Technologien

Drug Repurposing

Fraunhofer IZI-Mitarbeitende bei der Laborarbeit
© Fraunhofer IZI

Die Entwicklung neuer Medikamente ist ein aufwändiger und kostspieliger Prozess. Basierend auf Erkenntnissen der Grundlagenforschung, die teilweise Jahrzehnte in Anspruch nehmen kann, werden Wirkstoffkandidaten für eine bestimmte Indikation identifiziert. Diese werden zunächst in der präklinischen Ent­wicklungs­phase in verschiedenen Zellkultur- und Tiermodellen umfassend auf deren Wirksamkeit und vor allem Sicherheit untersucht. Nur die wenigen Wirkstoffe, deren Nutzen-Risiko-­Profil eine Testung an Menschen rechtfertigt, gelangen in die klinische Entwicklung, wo sie zunächst an gesunden Proband*innen (Phase I), später an kleineren Patient*innen­kohorten (Phase II) und ganz zum Schluss in Studien mit möglichst vielen Patient*innen (Phase III) getestet werden, bevor eine Zulassung in der adressierten Indikation beantragt werden kann.

Beim sogenannten Drug Repurposing werden bereits zuge­lassene Medikamente auf Ihre Eignung und Einsatzmöglich­keiten bei anderen Indikationen untersucht. Voraussetzung dafür ist ein umfassendes Verständnis der Krankheits­mechanismen auf molekularer und zellulärer Ebene einerseits und die genaue Charakterisierung der Wirkungs­prinzipien des Medikamentes andererseits. Werden bei unterschiedlichen Indikationen entsprechende Parallelen identifiziert, lohnen sich Entwicklungsschritte, um das Einsatz­gebiet des Medikamentes zu erweitern. Dieser Weg der Medikamenten­entwicklung ist äußerst effizient und von deutlich reduziertem Aufwand, da auf bestehende Daten und Beobachtungen aufgebaut werden kann.

Mit dem Projekt REMEDI4ALL soll eine europaweite Kompetenz­plattform entwickelt werden, um europäische Forschungseinrichtungen zukünftig beim Drug Repurposing zu unterstützen.

Innerhalb des Konsortiums bringt das Fraunhofer IZI seine Kompetenzen in der Infektionsforschung ein und wird ein für die Onkologie zugelassenes Medikament auf seine Eignung für den Einsatz bei COVID-19-Erkrankungen hin untersuchen. 

Das REMEDI4ALL Konsortium umfasst 24 Partner und wird über fünf Jahre mit 23 Millionen aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe der Europäischen Union im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. 101057442 gefördert.

MATURE NK – MAnufacturing TUmor-REactive Natural Killer cells

Logo Mature NK

Im Rahmen des MATURE-NK-Projekts erfolgt eine zukunftsorientierte Ausbildung in der translationalen Forschung, um die Lücke zwischen Grundlagenforschung und angewandter Entwicklung neuer zellbasierter therapeutischer Produkte durch die Biotech-Industrie und deren klinischer Anwendung bei unheilbaren Krankheiten zu schließen. Dies geschieht am Beispiel aktivierter, gentechnisch veränderter natürlicher Killerzellen (NK-Zellen), die als Arzneimittel für neuartige Krebs­therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMPs) eingestuft sind. Insgesamt 14 Partner aus neun Ländern sind an dem von der EU im Rahmen von Horizon 2020 geförderten Vorhaben beteiligt. 

Projektkoordination
Fraunhofer IZI

Grant Agreement No
765104

Logo EU Marie Curie Actions

RSV-Protect

Das RSV-F-Protein ermöglicht die Bindung des Virus an die Wirtszelle und die Fusion mit seiner Plasmamembran, wodurch die Zelle infiziert wird. Im Rahmen des RSV-Protect-Projekts entwickelte molekulare Inhibitoren sperren RSV-F in seiner inaktiven Konfiguration und verhindern so eine Virusinfektion der Wirtszellen
© Fraunhofer IZI
Das RSV-F-Protein ermöglicht die Bindung des Virus an die Wirtszelle und die Fusion mit seiner Plasmamembran, wodurch die Zelle infiziert wird. Im Rahmen des RSV-Protect-Projekts entwickelte molekulare Inhibitoren sperren RSV-F in seiner inaktiven Konfiguration und verhindern so eine Virusinfektion der Wirtszellen.

Das Respiratory Syncytial Virus (RSV) ist bei gesunden Erwachsenen weitgehend harmlos, stellt aber ein ernstes Risiko für das Leben von Säuglingen, älteren Menschen oder Patient*innen mit geschwächtem Immunsystem dar. Darüber hinaus wirkt sich RSV unverhältnismäßig stark auf bevölkerungs­reiche Entwicklungsländer wie Indien oder China aus und stellt ein weltweit zunehmendes Risiko dar, das Schätzungen zufolge jährlich mehr als 200 000 Todesfälle bei Säuglingen und Kleinkindern verursacht. Während Risikofaktoren wie Umweltverschmutzung oder Immunschwäche bekannt sind, gibt es kaum echte therapeutische und präventive Maßnahmen. Trotz jahrzehntelanger Bemühungen konnte bisher noch kein RSV-Impfstoff zugelassen werden. Das einzige Prophylaktikum auf dem Markt – Palivizumab (Synagis®) – ist ein teurer monoklonaler Antikörper, der nur bei Hochrisikopatient*innen in Industrieländern verwendet wird.

Das RSV-Protect-Team arbeitet seit 2016 an der Entwicklung kleiner Moleküle und synthetischer, biologischer Präparate als wirksame, kostengünstige Leitsubstanzen zur Hemmung der Fähigkeit des Virus, in Wirtszellen einzu­dringen und diese zu infizieren. Durch die Entwicklung von Wirkstoffen, die an Rezeptoren binden, welche für die Anheftung an und die Fusion mit Wirtszellen in der Lunge verantwortlich sind und sich auf der Oberfläche des Virus befinden, kann die Gesamtinfektiosität des Virus beseitigt werden.

Unter Verwendung dieser Strategie wurden mehrere kleine Peptide mit weniger als 15 Aminosäuren hergestellt, die darauf abzielten, das Hauptfusionsprotein des Virus, RSV-F, in einer Konfiguration zu »verriegeln«, die es unmöglich macht, sein genetisches Material in die Wirtszellen zu injizieren. Diese Peptide, die mehr als 100-mal kleiner als ein typischer Antikörper sind, waren in mikromolaren Konzentrationen wirksam, um RSV-Infektionen sowohl in zellulären Modell­systemen als auch in lebenden Tieren zu verhindern. Das Ersetzen von essentiellen Aminosäuren in der Sequenz durch nicht natürliche, synthetische Derivate, stellt ihre Verwendbarkeit sicher, erhöht ihre Wirksamkeit und verringert das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen.

Ähnlich wie bei den meisten Viren arbeiten die zahlreichen Oberflächenrezeptoren auf RSV als tödliches Team zusammen, in dem drei identische Proteineinheiten in trimerer Form geometrisch angeordnet sind, um die Fusion mit Wirtszellen gemeinsam zu fördern. Aus diesem Grund wurde das Multivalenzprinzip genutzt, um drei der RSV-blockierenden Peptide auf einem kleinen strukturellen Gerüst aus DNA-Strängen anzuordnen, das geometrisch komplementär zum Virus ist. Mit Hilfe der Generierung molekularer trivalenter DNA-Peptid-Gerüste konnte die Wirksamkeit 500-fach verstärkt werden. Damit wurden Wirkspiegel erreicht, die vergleichbar sind mit dem auf dem Markt verfügbaren monoklonalen Antikörper Palivizumab. Ein weitere Ansatz verfolgt die Identifizierung von Wirkstoffen als sogenannte small-molecules. Diese werden computergestützt designt und anschließend in Virusinfektionsexperimenten auf Sicherheit und Effektivität  im nanomolaren Bereichen überprüft. Diese gemeinsamen Arbeiten mit den Arbeitsgruppen DNA-Nanosysteme und Wirkstoffdesign und Analytische Chemie wurden bereits zu einem Patent angemeldet und werden aktuell in detaillierten präklinischen Studien untersucht.

TheraVision – Plattformtechnologie zur Entwicklung, Herstellung und Testung von onkolytischen Herpes simplex Viren zur Therapie von Lungenkrebs

HSV-indizierte Plaquebildung im Tumorgewebeschnitt von Mäusen nach der intratumoralen Virustherapie. DAPI (blau) stellt den Zellkern dar und HSV (grün) die Virusproteine in infizierten Lungenkrebszellen
© Fraunhofer IZI
HSV-indizierte Plaquebildung im Tumorgewebeschnitt von Mäusen nach der intratumoralen Virustherapie. DAPI (blau) stellt den Zellkern dar und HSV (grün) die Virusproteine in infizierten Lungenkrebszellen.

Viren dringen effizient in Zellen ein und produzieren darin ihre eigenen sowie fremde Proteine. Anschließend vermehren sie sich und töten dadurch die von ihnen infizierte Zelle ab. Bestimmte Viren – sogenannte onkolytische (krebs­zerstörende) Viren – können gezielt Tumorzellen infizieren und auflösen (Onkolyse), so dass in deren Anwendung großes Potenzial für die Krebstherapie besteht. Ein solches Virus ist das Herpes Simplex Virus (HSV).

Ziel ist es, die Wirksamkeit dieser onkolytischen Aktivität zu verbessern, indem verschiedene Gene zur Immunmodulation und Ziel­steuerung zu bestimmten Krebszellen gentechnisch in einen HSV-basierten Vektor eingebaut werden. So wird die virus­vermittelte Onkolyse mit der Immuntherapie in einem Virusvektor kombiniert und eine effektive Zerstörung von Tumoren und Metastasen angestrebt. Mit dem Projekt TheraVision soll eine breit anwendbare Plattformtechnologie auf Basis von HSV für die kombinierte Virusimmuntherapie etabliert werden.

Zum Nachweis der Wirksamkeit wurde ein onkolytischer Vektor für die Therapie von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (engl. non-small cell lung cancer – NSCLC) entwickelt. Am Fraunhofer IZI wurde dafür ein ent­sprechendes Mausmodell etabliert. Die Zellen der Lungenkrebstumore exprimieren den Reporter Firefly-Luciferase, um von einer hochempfindlichen Lichtkamera in vivo nachgewiesen werden zu können. Dabei zeigten die Tumore einen signifikanten Anstieg im Biolumineszenzsignal mit dem gleichzeitigen Anstieg des Tumorvolumens. Die Behandlung dieser Tumore mit einem abgeschwächten und nicht-neurotoxischen HSV-Vektor führte zu einer signifikanten Reduktion des Tumorwachstums und der Biolumineszenzintensität im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe. Darüber hinaus führte der abgeschwächte Vektor mit deletierten Neurotoxizitätsgenen zu einer signifikanten Reduktion der Viruslast im Gehirn im Vergleich zu einem unmodifizierten HSV-Vektor.

Um die immuntherapeutische Aktivität dieser neuartig funktionalisierten Virusvektoren zu analysieren, soll dieses Tumormodell in einem nächsten Schritt humanisiert werden. In einer allogenen Immunumgebung soll die Situation in Patient*innen authentischer simuliert werden.

Impfen gegen Asthma – MucoRSV

Weltweit leiden etwa 235 Millionen Menschen an Asthma. Unter Kindern ist Asthma die am weitesten verbreitete chronische Erkrankung, was zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität führt. Es konnte gezeigt werden, dass Kinder, die sich im Säuglings- oder Kleinkindalter mit dem Respiratorischen Synzytialvirus (RSV) infiziert haben, mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit später an Asthma erkranken. Als Standardtherapie werden bei Asthma Glucocorticoide und Beta-2-Sympathomimetika eingesetzt, die allerdings in schweren Fällen oft unzureichend sind und zudem bei längerfristigem Einsatz deutliche Nebenwirkungen zeigen. Eine alternative Behandlung wird daher dringend gesucht.

Wegen des Zusammenhangs zwischen wiederholten RSV-Infektionen im frühen Kindesalter und Asthmaerkrankungen soll hier präventiv eingegriffen werden. Das MucoRSV Projekt untersucht, ob durch eine Impfung gegen RSV solch eine wiederholte Infektion verhindert und damit einer Asthma­erkrankung vorgebeugt werden kann.

Aktuell gibt es noch keine zugelassenen Impfstoffe gegen RSV. Im Rahmen dieses Projekts sollen verschiedene Impfstoffe getestet werden, die mukosal – also über ein Nasenspray oder Inhalation – verabreicht werden. Dabei kommt zum einen ein Totimpfstoff zum Einsatz, bei dem die Viren mittels Niedrigenergie-Elektronenbestrahlung inaktiviert werden. Dieser Impfstoff soll unter anderem in Nanopartikeln verpackt werden, um eine gesteigerte Aufnahme über die Schleimhäute zu ermöglichen. Als weiterer Impfstoff wird DNA eingesetzt, die für RSV-F – das wichtigste RSV-Antigen – kodiert. Diese DNA wird in nicht-humanen Papillomaviren verpackt und mit Hilfe dieser Genfähren appliziert.

Ein Impfstoff gegen RSV könnte so nicht nur die Virus­erkrankung selbst vermeiden, sondern auch schwerwiegende chronische Folgen wie Asthma verringern.

Wirksamkeitstestung einer neuartigen Helicase-Primase basierten Therapie gegen das humane Herpes-simplex-Virus (HSV)

Aktuell sind ca. 82 Prozent aller Menschen in Deutschland mit dem humanen Herpes simplex Virus (HSV) infiziert. Der Erreger wird in zwei Typen unterschieden, welche sich hauptsächlich in der Krankheitslokalisa­tion unterscheiden. Die HSV Typ 1 (HSV-1)-Infektion ist auch als Lippenherpes bekannt, während sich HSV Typ 2 (HSV-2) vor allem im Genitalbereich ausbreitet. Beide Typen können schwere Verlaufsformen bilden, welche zu einer lebensbedrohlichen Herpes-simplex-Enzephalitis (Gehirnentzündung) führen können. 

Nukleosid-Analoga, wie beispielsweise Acyclovir oder Valacyclovir, bilden zur Zeit die Standardtherapie für die Behandlung von HSV-Infektionen. Jedoch werden vermehrt auch Nukleosid-Analoga-resistente Virus­stämme nachgewiesen, sodass alternative Therapien dringend benötigt werden. Eine solche Alternative stellen die Helikase-Primase-Inhibitoren (HPIs) dar, welche über einen neuartigen Wirkmechanismus die virale Replikation inhibieren. Für die Untersuchung der antiviralen Wirkung neuer Wirkstoffkandidaten dieser Substanzklasse wurde eine Therapiestudie für die Behandlung von HSV-Infektionen im Maus­modell durchgeführt.

Bei niedrigeren Dosen als die Valacyclovir-Kontrolle konnte eine deutliche Verbesserung durch die neuen HPIs bei klinischen Parametern festgestellt werden. Während der Beobachtungszeit von drei Wochen nach der Infektion konnten keinerlei Nebenwirkungen der Behandlung festgestellt werden. Die anschließende Analyse zeigte, dass die mit HPIs behandelten Tiere im Vergleich zu nicht behandelten Tieren eine signifikant geringere Viruslast aufwiesen. 

Durch das Projekt konnte gezeigt werden, dass die neuartigen Wirkstoffkandidaten die klinischen Symptome einer HSV-Infektion signifikant reduzieren oder sogar verhindern können. Somit stellen HPIs eine potente Therapie­alternative zur aktuellen Standard­therapie mit Nukleosid-Analoga dar.

Etablierung eines Kaninchenmodels zur Untersuchung des Propofol-Infusionssyndroms

Bei der Anwendung von Narkosemitteln (Anästhetika) kann es zu unerwünschten und teils lebensbedrohlichen Nebenwirkungen kommen. Eines der am häufigsten eingesetzten Anästhetika ist Propofol. Bei der Verwendung von Propofol kann es bei Langzeitnarkosen und insbesondere bei Kindern zu einer seltenen aber tödlichen Nebenwirkung kommen, dem Propofol-Infusionssyndrom (PRIS). PRIS ist ein Symptomkomplex bei dem es zu schweren Störungen des Herz-Kreislauf-Systems, Nierenversagen, einer drastischen Absenkung des Blut-pH-Wertes (Laktatazidose) sowie zur Auflösung der quergestreiften Muskulatur (Rhabdomyolyse) kommen kann. Diese Störungen führen in den meisten Fällen zu einem tödlichen Multiorganversagen.

In Kooperation mit einem Industriepartner wurde am Fraunhofer IZI ein Modellsystem im Kaninchen zur Untersuchung des PRIS etabliert. Basierend auf einer Studie aus dem Jahre 2007 (Ypsilantis et al., 2007) wurde eine Pilotstudie am Fraunhofer IZI durchgeführt um das beschriebene Modell an die geforderten Fragestellungen zu adaptieren. Nach Intubation und erfolgreicher Einleitung der Propofol-Anästhesie ist es gelungen, die Tiere über einen Zeitraum von bis zu 48 Stunden stabil in Narkose zu halten. Währenddessen wurden die Sauerstoff- und Kohlendioxidwerte sowie der Säure-Base-Haushalt der Tiere genauestens überwacht. Außerdem wurden Reflextests durchgeführt, um eine sichere Narkosetiefe gewährleisten zu können und die Herzfunktionen und die Temperatur in regelmäßigen Intervallen überprüft. Die Entwicklung eines PRIS äußerte sich in einem unaufhaltbaren letalen multiplen Organversagen. Anschließend wurden sämtliche Organe der Tiere entnommen und histologisch untersucht. Des Weiteren wurden massenspektroskopische Untersuchungen der Gallenflüssigkeit und detaillierte Untersuchungen des Blutbilds durchgeführt.

Im Rahmen der Pilotstudie wurde bereits ein neuer Biomarker identifiziert, der möglicherweise zum Monitoring von narkotisierten Patient*innen genutzt werden kann. Dieser Biomarker wird im weiteren Projektverlauf anhand humaner Blutproben validiert. 

Nicht-humane Papillomaviren für die DNA-Übertragung in vitro und in vivo

DNA-Impfstoffe gewinnen zunehmend an Popularität wegen ihrer kostengünstigen Produktion und hohen Stabilität sogar bei Raumtemperatur. Eines der Hauptprobleme der DNA-Vakzinierung, die geringe zelluläre Aufnahme der Impf-DNA durch die geimpfte Person, konnte durch die Anwendung der Elektroporation überwunden werden. Diese Methode ist jedoch vergleichsweise aufwendig und schmerzhaft für die*den Geimpfte*n. Neue Verfahren für die DNA-Übertragung in vivo sind daher von großem Interesse.

Viren sind Spezialisten der DNA-Übertragung und können in abgewandelter Form als »Pseudoviren« (PsVs) DNA in ihrem Capsid verpacken und diese effizient in Zellen einbringen. Für dieses Projekt wurden unterschiedliche nicht-humane Papillomviren ausgewählt und auf ihre Fähigkeit hin analysiert, PsV-Partikel zu bilden, DNA zu verpacken und diese in Zellen einzuschleusen. Während die meisten der getesteten nicht-humanen Papillomaviren kaum DNA-Übertragung in Zellkulturen zeigten, waren zwei Kandidaten besonders effizient: Papillomaviren, die normalerweise den Puma (PcPV1) und den Makaken (MfPV11) infizieren. Diese beiden wurden daher auch in tierexperimentellen Studien eingesetzt. Sowohl PcPV1 als auch MfPV11 übertrugen effizient das Luziferase-Plasmid nach intramuskulärer Applikation in der Maus. Im Falle von PcPV1 hielt diese Expression sogar mehrere Woche lang an. Um die beiden Papilloma-PsV-Kandidaten auch in einem Impfversuch zu testen, wurden Mäuse intramuskulär und intranasal mit diesen in Vortests erfolgreich validierten PsVs immunisiert, die ein Impfplasmid trugen. Die Impfung erfolgte für das Respiratorische Synzytialvirus (RSV). Nach erfolgter Impfung wurden die Tiere mit infektiösem RSV infiziert und die Viruslast wurde bestimmt. Im Vergleich zu nicht geimpften Mäusen, zeigten die immunisierten Tiere eine signifikant verringerte Viruslast in ihren Lungen.

In der Vergangenheit wurden bereits humane Papillomaviren erfolgreich für den Gentransfer eingesetzt. Die humanen Genfähren haben allerdings die Limitation der Vektorimmunität, da viele Menschen bereits durch Impfungen oder natürliche Infektionen mit humanen Papillomaviren in Berührung gekommen sind.

Im Rahmen des Projekts konnte gezeigt werden, dass nicht-humane Papillomaviren grundlegend als Genfähren fungieren und somit das Potenzial zur Impfstoffplattform für eine intramuskuläre oder mukosale Applikation haben.

Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Respiratorische Synzytial Virus

Das Humane Respiratorische Synzytial Virus (RSV) verursacht bei den meisten Menschen nur leichte Beschwerden wie Schnupfen, Husten, Heiserkeit. Jedoch ist dieses Virus das größte infektiologische Problem von Frühchen und Säug­lingen unter 6 Monaten. Hier verursacht das Virus schwere Krankheitsverläufe, die häufig stationäre Behandlungen erforderlich machen. Bisher ist weder eine Therapie noch ein Impfstoff verfügbar, der wirksam gegen die Infektion mit RSV schützt. Ein Test bei Kindern in den 1960er Jahren mit einem chemisch inaktivierten Impfstoff hatte einen gegenteiligen Effekt. Hier wurde eine Erkrankungs­verstärkung nach natürlicher RSV-Infektion beobachtet.

Genetische Vakzinen werden zur Entwicklung für eine Reihe von Indikationen derzeit erprobt. Im Rahmen einer großen Studie wurde ein neuartiges Impfverfahren mit Hilfe von genetischen Vakzinen untersucht. Dabei wurde ein ring­förmiges DNA-Molekül als Impfstoff verabreicht, gefolgt von einer schmerzfreien, in den Rachen gesprühten Impfung. Diese Impfkombination zeigte eine überraschende komplette Protektion gegen die Infektion mit dem Virus. Diese viel­versprechenden präklinischen Erfolge sollen nun im Menschen weiter getestet und auf andere Impfkandidaten ausgeweitet werden.