Totimpfstoffe bestehen aus inaktivierten, also abgetöteten und vermehrungsunfähigen Erregern (zum Beispiel Viren). Die Inaktivierung der Pathogene erfolgt bislang durch giftige Chemikalien wie Formaldehyd.
Diese Methode ist sicher und bereits seit Jahrzehnten etabliert. Sie ist jedoch auch mit verschiedenen Herausforderungen assoziiert.
Zum einen müssen die Chemikalien während des Herstellungsprozesses aus dem Impfstoff wieder aufwändig entfernt werden. Der Einsatz und die Entsorgung großer Mengen giftiger Substanzen ist zudem eine Belastung für Mensch und Umwelt. Durch die chemische Behandlung werden auch die Antigene der Erreger angegriffen und verändert, was die Effektivität bei der Auslösung der Immunantwort beim Impfling reduziert.
Forschende des Fraunhofer IZI haben gemeinsam mit Kolleg*innen des Fraunhofer FEP und des Fraunhofer IPA eine neue Technologie zur schonenden Inaktivierung von Pathogenen entwickelt.
Dabei kommen niederenergetische Elektronen zum Einsatz, die selektiv und sicher das Erbgut der Erreger zerstören. Die Antigene jedoch bleiben nahezu unverändert, wodurch eine spezifischere Immunantwort möglich ist. Der Prozess verzichtet gänzlich auf giftige und umweltschädliche Substanzen und ist dadurch kosteneffizienter und schneller.
Zur Entwicklung der Technologie wurden auch Tierversuche durchgeführt. Diese waren notwendig, um zu überprüfen, ob Impfstoffe, die mit der neuen Methode hergestellt wurden, sicher sind und eine Immunität hervorrufen. Da sich die komplexen Zusammenhänge und Reaktionen des Immunsystems von Säugetieren nicht in Zellkulturen und Computermodellen abbilden lassen, kamen dabei Tierversuche in Form verschiedener Infektionsmodelle in Mäusen zum Einsatz. In diesen Studien wurde typischerweise untersucht, wie der neue Impfstoff im Vergleich zu herkömmlich hergestellten Impfstoffen und zu Placebo-Kontrollen wirkt. Verschiedene Gruppen von Mäusen wurden dafür zunächst mit dem jeweiligen Impfstoff immunisiert (meist durch Injektion) und anschließend mit dem Erreger infiziert (je nach Erreger durch Inhalation oder Injektion).
Anschließend wurde beobachtet und untersucht, ob und in welchem Maße die Mäuse zu erwartende Krankheitssymptome entwickelt haben. Die Ergebnisse haben deutlich gezeigt, dass die Impfstoffe, die mittels Elektronenbehandlung inaktiviert wurden, zu einer effektiven und teilweise besseren Immunisierung der Tiere geführt haben. Im nächsten Schritt muss das Verfahren nun an pharmazeutische Herstellungsprozesse adaptiert und in klinischen Studien an menschlichen Proband*innen getestet werden.
Das Coronavirus und die damit verbundene Pandemie haben weltweit zahlreiche Todesopfer gefordert, das öffentliche Leben stark eingeschränkt und enorme wirtschaftliche Schäden verursacht.
Glücklicherweise waren Coronaviren bereits vor der Pandemie sehr gut erforscht. So konnte bei der Entwicklung von Impf- und Wirkstoffen auf bestehenden Erkenntnissen aufgebaut werden.
Das sogenannte Spike-Protein, ein Molekül auf der Oberfläche des Virus, war dadurch sehr schnell als effektive Zielstruktur für Impfstoffe und Medikamente identifiziert.
Um neue Impf- und Wirkstoffe gegen das Coronavirus untersuchen zu können, wurde am Fraunhofer IZI bereits früh in der Pandemie reagiert und ein entsprechendes Infektionsmodell in der Maus etabliert. Da es sich bei dem SARS-CoV-2-Virus um einen humanpathogenen Erreger handelt, der durch Aerosole leicht übertragbar ist, werden alle Arbeiten mit dem aktiven Virus, auch entsprechende Tierversuche, im S3-Sicherheitslabor des Instituts durchgeführt.
Neben frühen Impfstoff-Entwicklungsprojekten, werden dabei auch therapeutische Antikörper als potenzielles Medikament zur Behandlung bzw. Vermeidung schwerster COVID-19-Verläufe untersucht.
Die Forschenden des Fraunhofer IZI und verschiedener Partner haben dazu transgene Mäuse* gegen das Spike-Protein des Virus immunisiert und die daraufhin ausgebildeten Antikörper untersucht. Dabei wurden zwei Antikörper identifiziert, die das Potenzial haben, schweren COVID-19-Verläufen vorzubeugen.
* Transgene Mäuse wurden genetisch so modifiziert, dass sie teilweise menschliche Proteine (in dem Fall relevante Strukturen von Antikörpern) ausbilden. Dieses Verfahren findet Anwendung, um humane Zielstrukturen zu untersuchen und eine bessere Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zu ermöglichen.
Bei der Entwicklung neuer Medikamente und Therapien steht die Sicherheit von Patient*innen an oberster Stelle. Insbesondere bei neuen Medikamentenklassen wie den ATMPs (Advanced Therapy Medicinal Products), die auf Zell- und Gentherapien basieren, müssen vor der erstmaligen Anwendung am Menschen im Rahmen klinischer Studien möglichst alle Risiken minimiert werden.
In der GLP-Prüfeinrichtung des Fraunhofer IZI werden solche Untersuchungen in enger Abstimmung mit regulatorischen Behörden durchgeführt.
Knorpelschäden, zum Beispiel im Knie, sind nach wie vor schwer zu behandeln, da sich Knorpel im Körper nur sehr limitiert selbst regeneriert und die betreffenden Bereiche meist unter starker mechanischer Beanspruchung stehen. Eine Methode, um die Regeneration von Knorpelschäden zu ermöglichen ist die Herstellung entsprechender Knorpeltransplantate auf Basis körpereigener Zellen.
Das Unternehmen Codon AG hat solch ein Verfahren entwickelt und in der GLP-Prüfeinrichtung des Fraunhofer IZI auf dessen Sicherheit untersuchen lassen. Konkret untersucht wurden dabei die Biodistribution, also wohin Zellen des Implantats im Körper wandern, sowie die Tumorgenität, also ob die Zellen des Implantats im Körper die Bildung von Tumoren auslösen.
Diese komplexen Fragestellungen können ausschließlich im lebenden Organismus untersucht werden. Zum Einsatz kamen dabei immundefiziente Mäuse, denen ein entsprechendes Implantat eingesetzt wurde. Die molekularbiologischen und immunologischen Analysen ergaben keinen Hinweis auf ein Abwandern der implantierten Zellen in andere Strukturen und Organe. Ebenso wurde kein Hinweis darauf gefunden, dass die Implantate zur Tumorbildung führten.
Auf Basis dieser und vieler anderer Untersuchungsergebnisse wurde das Verfahren anschließend klinisch getestet und erhielt 2017 schließlich die Zulassung in der EU. Laut Hersteller wird die Methode in über 200 deutschen Kliniken angewandt und bereits bei über 16 000 Patient*innen eingesetzt.
Die Alzheimersche Krankheit ist die häufigste Form der Demenz mit 300.000 Neuerkrankungen jedes Jahr. Die bis heute unheilbare Krankheit führt über Jahre zu einem fortschreitenden Verlust des Gedächtnisses, Veränderungen der Persönlichkeit bis hin zur vollständigen Pflegebedürftigkeit. Damit stellt Alzheimer eine große Herausforderung für Patient*innen und deren Angehörige dar.
Es werden weltweit große Anstrengungen zur Entwicklung von Therapien für die Behandlung der Erkrankung unternommen. Hier spielen vor allem therapeutische Antikörper eine wichtige Rolle. Diese sollen Ablagerungen im Gehirn beseitigen, die ursächlich mit der Entstehung von Alzheimer in Verbindung stehen. Damit erhofft man sich eine Stabilisierung der Gedächtnisleitung von Betroffenen.
Um neue Therapien gegen giftige Eiweiße im Gehirn von Patient*innen entwickeln zu können, werden am Fraunhofer IZI therapeutische Antikörper entwickelt. Um deren Wirksamkeit zu untersuchen, werden sie in transgenen Mäusen getestet, welche ähnliche Amyloid-Ablagerungen entwickeln wie Alzheimer-Patient*innen.
Erste Antikörper für die Behandlung von Alzheimer erreichten kürzlich die Zulassung als Medikament in den USA oder stehen kurz vor der Zulassung. Alle diese Wirkstoffe wurden in frühen Phasen der Entwicklung an Mäusen getestet. Damit verbunden ist die Zielstellung, endlich wirksame Medikamente zur Stabilisierung der kognitiven Fähigkeiten (zum Beispiel Gedächtnisleistung) von Patient*innen zur Verfügung zu haben. Da die Medikamentenklasse der therapeutischen Antikörper teilweise auch mit starken Nebenwirkungen assoziiert ist, zielt die Forschung am Fraunhofer IZI auch auf die Entdeckung neuer Mechanismen für Alzheimertherapien ab, um künftig einen Beitrag zu nebenwirkungsärmeren, aber effektiveren Wirkstoffen zu leisten. Dazu werden u. a. neue, verbesserte Mausmodelle entwickelt, um die Alzheimer-Erkrankung noch besser zu verstehen und neue Wirkstoffe und Wirkstoffklassen in diesen Modellen zu untersuchen.