Wissenschaftspreis des Legasthenieverbands an Leipziger Forschungsgruppe verliehen

Dr. Holger Kirsten vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, nahm am 9. Mai in Erfurt einen Wissenschaftspreis des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V. (BLV) entgegen. Der Wissenschaftspreis gilt als der national angesehenste Preis für die Forschung auf diesem Gebiet.

Dr. Holger Kirsten
© Fraunhofer IZI
Dr. Holger Kirsten
Die drei Hauptautoren der Forschungsarbeit (v.l.n.r.) Dr. Arndt Wilcke (Fraunhofer IZI), Dr. Carolin Ligges (Universitätsklinikum Jena) und Dr. Holger Kirsten (Fraunhofer IZI) sowie Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V. (r.)
Die drei Hauptautoren der Forschungsarbeit (v.l.n.r.) Dr. Arndt Wilcke (Fraunhofer IZI), Dr. Carolin Ligges (Universitätsklinikum Jena) und Dr. Holger Kirsten (Fraunhofer IZI) sowie Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V. (r.)

Legasthenie ist eine schwere und andauernde Störung im Erwerb und Gebrauch der Schriftsprache. Den Betroffenen fällt es schwer, Gesprochenes in Schrift umzusetzen und umgekehrt. Da in der heutigen Gesellschaft ein Großteil des Wissenserwerbs und -austauschs schriftsprachlich erfolgt, gehört die Legasthenie zu den bedeutendsten Entwicklungsstörungen unserer Zeit. Etwa fünf Prozent aller Schulkinder sind von Legasthenie betroffen, jedes Jahr kommen allein in Deutschland etwa 30 000 Betroffene hinzu.

Die Auszeichnung erhielt Dr. Holger Kirsten für eine gemeinsame Forschungsarbeit zusammen mit Dr. Arndt Wilcke (Fraunhofer IZI) und Dr. Carolin Ligges (Universitätsklinikum Jena). Weiterhin waren das Translationszentrum für Regenerative Medizin und die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, die Rheinische Friedrich- Wilhelms-Universität Bonn und das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München an der Studie beteiligt. Das Team untersuchte die Rolle des sogenannten »Sprachgens« FOXP2 bei der Legasthenie. Bekannt ist, dass dieses Gen eine wichtige Funktion im Spracherwerb innehat. »Wir konnten erstmalig zeigen, dass eine bestimmte Variante des FOXP2-Gens in direktem Zusammenhang mit Legasthenie steht und dabei vermutlich die Hirnaktivierung beim Lesen beeinflusst«, so Kirsten. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, kombinierten die Wissenschaftler genetische und zellbiologische Methoden mit dem bildgebenden Verfahren der funktionalen Magnetresonanztomographie. Insgesamt 420 Kinder und Erwachsene wurden dazu seit 2009 untersucht. »Dadurch konnten wir nachvollziehen, wie stark sich genetische Faktoren tatsächlich auf den funktionellen Status auswirken«, erklärt Kirsten weiter. Wilcke ergänzt: »Der Beleg dieses Zusammenhangs ist ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Legasthenie und damit auch zu unserer aktuellen Entwicklung eines Frühtests. Dieser Test soll unter Verwendung genetischer Informationen ermöglichen, das Risiko für Legasthenie bereits im Vorschulalter zu beurteilen und so die Grundlage für eine rechtzeitige Intervention legen.«

Der mit 3.000 EUR dotierte Wissenschaftspreis für empirische Arbeiten auf den Gebieten der Legasthenie und Dyskalkulie wurde zum 5. Mal im Rahmen des BLVBundeskongresses vergeben. Damit soll die wissenschaftliche Forschung in den Bereichen Grundlagenforschung, Diagnostik, Prävention und Therapie gefördert werden.