Neues Verfahren zur Herstellung sicherer und effektiver Impfstoffe
Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI erhält Förderung der Bill & Melinda Gates Stiftung.
Das Fraunhofer IZI entwickelt gemeinsam mit drei weiteren Fraunhofer-Instituten ein auf niederenergetischer Elektronenbestrahlung basierendes Verfahren zur Inaktivierung von Viren und anderen Krankheitserregern. Damit könnten wirksamere, sichere und zudem kosteneffizientere Impfstoffe hergestellt werden. Die Bill & Melinda Gates Stiftung fördert nun ein Projekt, bei dem diese Technik erstmals zur Herstellung neuer Polio-Impfstoffe angewendet wird.
Zur Herstellung von sogenannten Tot-Impfstoffen (wie z. B. gegen Grippe-, Polio- oder Hepatitis A-Viren) werden bereits seit den 1950er Jahren toxische Chemikalien wie Formaldehyd verwendet, um die Erreger zu inaktivieren. Das seither kaum veränderte Verfahren war seinerzeit ein Meilenstein der Infektionsbiologie, unterliegt jedoch bis heute verschiedenen Limitationen. Durch die zum Teil mehrere Wochen andauernde chemische Behandlung wird ein großer Anteil jener Oberflächenstrukturen der Erreger zerstört, die das Immunsystem nach der Impfung erkennen und entsprechend attackieren soll. Die so hergestellten Medikamente müssen entweder in sehr hohen Konzentrationen verabreicht oder in regelmäßigen Abständen aufgefrischt werden, um einen ausreichenden Schutz zu bieten. Dies erschwert ihren Einsatz insbesondere in ärmeren und strukturschwachen Ländern.
»Die Inaktivierung durch niederenergetische Elektronenbestrahlung hat das Potenzial ein nächster großer Meilenstein in der Impfstoffforschung zu werden.« fasst Projektleiter Dr. Sebastian Ulbert vom Fraunhofer IZI die Vorteile der neuen Technologie zusammen. Seit drei Jahren leitet er ein Konsortium aus vier Fraunhofer-Instituten, welches sich mit der Entwicklung der Bestrahlungstechnik zur Impfstoffherstellung beschäftigt. Die Projektergebnisse zeigen, dass die Technologie grundsätzlich auf verschiedenste Virusarten (z. B. Polio oder Influenza) sowie andere Erregerarten (Bakterien, Parasiten) anwendbar ist. Durch die Bestrahlung wird die zur Vermehrung notwendige Erbsubstanz der Viren zerstört. Im Gegensatz zur chemischen Inaktivierung mittels Formaldehyd jedoch, bleiben die für die Immunantwort wichtigen Strukturproteine (Antigene) erhalten. Die Hoffnung ist, dass der Körper dadurch deutlich spezifischere Antikörper gegen den Erreger bilden kann und somit besser geschützt ist. Im Ergebnis könnten zur Impfung geringere Dosen eingesetzt werden.
Der Einsatz dieser Bestrahlungstechnologie zur Entwicklung eines neuen Polio-Impfstoffs wird mit 1,85 Mio. USD durch die Bill & Melinda Gates Stiftung gefördert (Grant Agreement Investment ID: OPP1154635). »Wir freuen uns sehr, mit der Bill & Melinda Gates Stiftung einen so etablierten und exzellenten Partner gefunden zu haben, um unsere Technologien für die Herstellung effizienter, sicherer und kostengünstiger Impfstoffe weiter zu entwickeln«, so Ulbert.
Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA entwickeln gemeinsam die Grundlagen eines Prototyps für eine automatisierte Bestrahlungsanlage. Diese experimentelle Basis soll bis zum Herbst 2018 am Fraunhofer IZI in Leipzig installiert werden. Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB arbeitet zusammen mit dem Fraunhofer IZI an der Herstellung und immunologischen Charakterisierung der Erreger.
Weiterführende Informationen zur Bill & Melinda Gates Stiftung: www.gatesfoundation.org/de.