FRAUNHOFER Innovationsforum: Sieben Leipziger Thesen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement verabschiedet

Am Freitag, den 05. November 2010, ging in Leipzig das FRAUNHOFER Innovationsforum 2010 zu Ende. Während der zweitägigen Veranstaltung im Fraunhofer IZI wurden diverse Perspektiven für ein Betriebliches Gesundheitsmanagement und dessen Qualitätssicherung beleuchtet. Die Veranstalter des Forums verabschiedeten sieben Thesen.

© Fraunhofer IZI
Pressekonferenz zum FRAUNHOFER Innovationsforum
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PD Dr. Dagmar Pöthig von der Europäischen Vereinigung für Vitales und Aktives Altern e.V. diskutiert mit den Workshopteilnehmern des FRAUNHOFER Innovationsforums ein gesundes Älterwerden im Berufsleben

Die Veranstalter des Innovationsforums »Demografie und Gesundheitsressourcen« motivierte vor allem ein Wunsch: die Gesellschaft auf die sich verändernden Alterstrukturen und die sich daraus ergebende Notwendigkeit für ein bestmögliches Betriebliches Gesundheitsmanagement aufmerksam zu machen. Vor diesem Hintergrund luden sie Persönlichkeiten wie Dr. Gottfried Richenhagen, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW Düsseldorf, Professor Bert Rürup, Vorstand MaschmeyerRürup AG Frankfurt am Main, Professor Herbert Rebscher, DAK Unternehmen Leben oder Professor Gerhard Huber, DVGS e.V. Hürth als Gastredner zum großen Diskurs ein. Rund 100 Teilnehmer besuchten die Vorträge und hatten die Wahl, an insgesamt 14 Workshops zum Thema teilzunehmen.

Der Hausherr und Institutsleiter des Fraunhofer IZI Professor Frank Emmrich begrüßte seine Gäste zu der zweiten Veranstaltung der Reihe FRAUNHOFER Innovationsforum. »Das Bedürfnis nach Gesundheit macht sich an der demografischen Entwicklung fest«, führte er die Zuhörer in die Problematik ein. »So tragen zukünftig immer mehr ältere Arbeitnehmer und weniger jüngere zum Bruttosozialprodukt bei.« Dieses Zukunftsszenario mache es erforderlich, Maßnahmen zu bündeln und auf den Weg zu bringen, um auch im Alter gesund und leistungsfähig zu bleiben. Das Fraunhofer IZI sieht seine Aufgabe vor allem in der anwendernahen Forschung auf dem Gebiet der Regenerativen Medizin. »Es geht hier vor allem um die Stimulation der körpereigenen Abwehr- und Reparaturkräfte mithilfe neuer Technologien«, so Emmrich. Und weiter: »Die Verwendung und Aktivierung von Stammzellen spielt dabei eine wichtige Rolle.«

Die Erschließung neuer medizinischer Erkenntnisse ist allerdings nur ein Teil des Ganzen. Professor Gerhard Huber, Ehrenvorsitzender des Deutschen Verbandes für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS), resümierte, dass es zwar ein großes Wissen über Erhalt und Rückgewinnung von Gesundheit, aber »nur wenige Strukturen für die praktische Anwendung dieses Wissens in Betrieben« gäbe. Festgeschriebenes Ziel der DVGS sei es deshalb, »eine Qualitäts-Systematik für Unternehmen anzufertigen.« Diese soll in Kooperation mit dem Fraunhofer IZI, mit der eVAA und mit der DAK erfolgen. Auch die Entwicklung von Bewegungsprogrammen für Unternehmen steht im Fokus der nächsten Bemühungen.

Professor Bert Rürup, Vorstand MaschmeyerRürup AG Frankfurt am Main, betonte, dass ein Betriebliches Gesundheitsmanagement nicht nur von hohem persönlichen Nutzen für den Arbeitnehmer sei, sondern auch vor dem Hintergrund sinkender Krankenquoten einen wirtschaftlichen Nutzen für die Unternehmensbilanzen darstelle. Kleine Unternehmungen könnten sich beispielsweise vernetzen, um den personellen Aufwand für die Organisation von der Gesundheitsvorsorge und dem Gesundheitserhalt der Mitarbeiter stemmen zu können.

Wichtige Partner bei der Betrieblichen Gesundheitsvorsorge sind nicht zuletzt die Krankenkassen. »Sie unterstützen viele Firmen dabei, betriebliche Gesundheitsförderung in ihren Unternehmen anzubieten«, so DAK-Chef Herbert Rebscher. Seinen Worten zufolge sollten vermehrt jene Angebote zum betrieblichen Gesundheitsmanagement genutzt werden, die systematisch das Thema Gesundheit in die bestehenden Managementsysteme integrieren. Die DAK misst gerade diesem Punkt eine hohe Priorität bei.

In der Folge der vielen Aussichten und Einsichten verabschiedeten die Veranstalter die sogenannten Leipziger Thesen. Diese fassen zusammen, welche Strukturen, Prozesse und Ergebnisse ein gutes Gesundheitsmanagement auszeichnen und sollen Orientierungshilfe bei der Entwicklung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements sein. Im Jahr 2012 laden die Organisatoren des FRAUNHOFER Innovationsforums wieder ein. Rednerbeiträge und Workshops werden dann von dem Motto »Individualität, Vitalität, Qualität« bestimmt.

 

Leipziger Thesen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement – eine Weiterführung der Frankfurter Forderungen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung aus dem Jahr 2003.

Die Rolle des Betrieblichen Gesundheitsmanagements im System der Gesundheitsversorgung soll durch folgende Maßnahmen gestärkt werden:

  1. Das betriebliche Gesundheitsmanagement muss als integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung anerkannt werden.
  2. Alle Maßnahmen müssen mit dem Programm zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit und mit der medizinischen und beruflichen Rehabilitation im Sinne eines »Disabilitiy Managements« vernetzt werden.
  3. Es müssen Gesundheitsprogramme etabliert werden, die insbesondere Mitarbeiter erreichen, welche eine hohe Risikoexposition, eine hohe Beschwerdereaktivität und ein geringes Selbsthilfepotential aufweisen.
  4. Es müssen »Frühwarnsysteme« zur frühzeitigen Feststellung eines Bedarfs an Interventionen in Unternehmen etabliert werden.
  5. Es müssen Assessmentverfahren entwickelt werden, die sowohl Absentismus als auch Präsentismus integrieren.
  6. Es müssen Evaluationen und deren Überführung in Kennzahlen durchgeführt werden.
  7. Es müssen Qualitätsstandards für das Betriebliche Gesundheitsmanagement und dessen Integration in das interne Qualitätsmanagementsystem des Unternehmens entwickelt werden.