Fraunhofer IZI und Universitätsmedizin Halle arbeiten an Entwicklung therapeutischer Antikörper für HERV-assoziierte Autoimmun- und Tumorerkrankungen
Humane endogene Retroviren (HERV), und hier insbesondere deren Hüllproteine, stehen im Verdacht Krankheiten wie Multiple Sklerose, Rheuma oder Tumorerkrankungen zu befördern. Es ist jedoch nicht geklärt, welche Funktion diese Faktoren im Einzelnen haben. Es werden Zellschädigungen und die fehlgeleitete Stimulation des Immunsystems durch HERV als Krankheitsmechanismus angenommen. Ein gemeinsames Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI und der Universitätsmedizin Halle soll neue Erkenntnisse durch Charakterisierung von HERV-Hüllproteinen liefern. Ziel ist es, therapeutische Antikörper für HERV-assoziierte Autoimmun- und Tumorerkrankungen zu entwickeln.
Das menschliche Genom besteht heute zu mindestens acht Prozent aus humanen endogenen Retroviren. Diese gehen auf virale DNA zurück, die über Infektionen der Keimbahn im Laufe der Evolution in das menschliche Erbgut integriert wurde. Der Großteil dieser HERV ist aufgrund von Mutationen defekt. Es gibt jedoch Sequenzen, die die Erzeugung viraler Transkripte und Proteine im Menschen ermöglichen.
Am Fraunhofer IZI arbeitet Dr. Holger Cynis, Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Biotechnologie, zum Thema und erläutert: »HERV-Hüllproteine, die als Kandidaten für die Entwicklung therapeutischer Antikörper dienen können, wollen wir mittels Gen- und Proteinexpressionsanalysen identifizieren. Neben diversen Analysen nutzen wir dabei das MALDI-Imaging-Verfahren. Mit dieser bildgebenden Massenspektrometrie können wir Profile von Proteinen im Gewebe erstellen und so Markerproteine identifizieren.«
Prof. Dr. Martin S. Staege von der Universitätsmedizin Halle, der seit einigen Jahren zu HERV forscht, führt weiter aus: »Damit wollen wir gleichzeitig Zielstrukturen finden, die wir als Antigene nutzen können, um dann Antikörper herzustellen, die therapeutisches Potenzial haben.« Staege ist Leiter des Forschungslabors der Universitäts- und Poliklinik für Pädiatrie I und gemeinsam mit Dr. Alexander Emmer, Leitender Oberarzt an der Universitäts- und Poliklinik für Neurologie, von Seiten der Universitätsmedizin an dem Projekt beteiligt.
Im Rahmen des Forschungsprojekts werden die Hallenser Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler HERV-Hüllproteine biotechnologisch herstellen und ihre biologische Aktivität charakterisieren. Diese Proteine dienen dann zugleich als Antigene für die Generierung von poly- und monoklonalen Antikörpern. Abschließend soll die Humanisierung eines geeigneten Antikörpers erfolgen, damit diese auch im menschlichen Organismus eingesetzt werden können und für die Therapieentwicklung zur Verfügung stehen. Perspektivisch soll das Vorhaben den Weg für neue Therapieverfahren bereiten, die der Behandlung von Autoimmun- und Tumorerkrankungen dienen.
Das Projekt »Charakterisierung von HERV-Hüllproteinen mit dem Ziel der Entwicklung therapeutischer Antikörper für HERV-assoziierte Autoimmun- und Tumorerkrankungen« wird vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und dem Land Sachsen-Anhalt gefördert. Das Fraunhofer IZI erhält dafür über drei Jahre knapp 500 000 Euro, die Universitätsmedizin Halle rund 466 000 Euro. Das Vorhaben ist Teil des Programms »Sachsen-Anhalt WISSENSCHAFT – SCHWERPUNKTE«, mit dem das Land Sachsen-Anhalt Forschungsschwerpunkte und innovative Forschungsvorhaben im Wissenschaftsbereich unterstützt.
Kooperationspartner: Universitätsmedizin Halle (Saale)