Chronische Colitis: Neues Modell für die Translationsforschung
Forscher des Fraunhofer IZI stellen ein neues, aussagekräftigeres Modell zur präklinischen Erforschung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen vor.
Colitis fasst entzündliche Erkrankungen des Darms zusammen. Diese gehen i. d. R. mit Durchfall, Einblutung im Stuhl, Gewebeverlust im Darm sowie Gewichtsverlust einher. In Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf, ob im akuten Schub oder in der teils asymptomatischen Remissionsphase, werden verschiedene therapeutische Ansätze erforderlich.
Während für akut-entzündliche Erkrankungen des Darms bereits aussagekräftige Tiermodelle beschrieben wurden, weisen Modelle für den chronischen Verlauf noch erhebliche Mängel auf. Bisherige Protokolle zur Induktion einer chronischen Colitis basieren auf der intervallmäßigen Gabe von reizenden Substanzen (Natrium-Dextransulfat [DSS]) in hoher Konzentration. Dadurch wird zunächst eine akute Colitis hervorgerufen. In den sich jeweils anschließenden Regenerationsphasen, in denen keine reizenden Substanzen verabreicht werden, heilt diese nahezu vollständig aus. Die Wiederholung der Prozedur soll dabei einen chronischen Verlauf abbilden. Ein Nachteil dieser Methode ist die erhebliche Körpergewichtsreduktion der Versuchstiere, die zu hohen Verlusten an zu untersuchenden Tieren führt. Das beinahe vollständige Abklingen der Colitissymptome während der Regenerationsphase mindert zusätzlich die Aussagekraft dieses Modells.
Wissenschaftler des Fraunhofer IZI (Abteilung Therapievalidierung) haben deshalb ein neues Protokoll etabliert, das den chronischen Verlauf einer Colitis deutlich genauer abbildet und dabei die Belastung für die Versuchstiere senkt. Dazu haben die Forscher die Konzentration von DSS während der akuten Phase gesenkt. In der Regenerationsphase wurde nicht mehr komplett auf die Gabe von DSS verzichtet, sondern mit sehr geringer Konzentration fortgeführt. Als Folge dessen fallen die klinischen Symptome während der Akutphase geringer aus, bleiben aber auch während der Regenerationsphase erhalten. Dass dieses Verfahren der realen Situation deutlich näher kommt, belegen neben dem Verlauf der klinischen Symptome auch vergleichende molekularbiologische und immunologische Untersuchungen.
Da dieses neue Modell sich durch eine hohe Reproduzierbarkeit auszeichnet, eignet es sich hervorragend zur präklinischen Evaluation neuer Wirkstoffe zur Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen. Eine erste Anwendung fand das Modell bei der Untersuchung entzündungshemmender Pflanzenextrakte aus Salbei und Koloquinte.
Ansprechpartner
Dr. Jörg Lehmann
Leiter Abteilung Therapievalidierung
Telefon +49 341 35536-1205
joerg.lehmann@izi.fraunhofer.de