Impfstoff-Technologien

West-Nil-Virus in Europa auf dem Vormarsch

Was ist das West-Nil-Virus?

Schematischer Aufbau des West-Nil-Virus
© Fraunhofer IZI
Schematischer Aufbau des West-Nil-Virus.

Das West-Nil-Virus (WNV) ist ein behülltes RNA-Virus aus der Familie der Flaviviren.

Zu den Flavivieren gehören u.a. die Erreger von Dengue- und Gelbfieber, Zika-Virus und FSME-Virus.

Erstmals nachgewiesen wurde das Virus 1937 im West-Nile-District in Uganda, daher der Name.

Hauptsächlich befällt das Virus Vögel wobei es von verschiedenen Mückenarten übertragen wird. Auf diesem Weg werden aber auch Säugetiere z. B. Pferd und Mensch infiziert. Das Vorkommen bei Vögeln oder Pferden ist in Deutschland eine anzeigepflichtige Tierseuche und auch Infektionen beim Menschen sind meldepflichtig.

Welche Krankheitssymptome löst WNV aus?

Bei vielen Vogelarten führt eine Infektion mit WNV zum Tode. Im Menschen verläuft eine Infektion meist asymptomatisch oder ähnelt einem grippalen Infekt. Es treten aber auch schwerere Verläufe auf, die von Rückenschmerzen, Schüttelfrost und Hautauschlag begleitet werden. Bei etwa einem Prozent der Infizierten befällt das Virus das Nervensystem, was zu Hirnhautentzündung, Lähmung und weiteren neurologischen Symptomen und in seltenen Fällen zum Tode führen kann. Insbesondere immungeschwächte und ältere Menschen zählen hier zu den Risikogruppen.

Eine antivirale Therapie existiert bis dato nicht, die Beschwerden werden symptomatisch behandelt.

Warum verbreitet sich das Virus jetzt auch in Deutschland und Mitteleuropa?

Stechmücke
© Flixus
Stechmücke.
Transmission cycle WNV
© Fraunhofer IZI
WNV wird von Stechmücken übertragen, die neben Vögel auch Säugetiere infizieren können.

Aufgrund der saisonalen Zugbewegungen sind Vögel, als Hauptwirt des Virus, ideale Taxis für eine weite Verbreitung. Im Gegensatz zu den meisten anderen tropischen Erregern, wird WNV zudem auch durch in Mittel- und Nordeuropa heimische Mücken übertragen, insbesondere durch Mücken der Gattung Culex.

Das Einzige, was das Virus in seiner Ausbreitung bremst ist das Klima. Damit sich das Virus innerhalb der Mücken für eine Weiterinfektion ausreichend vermehren kann, bedarf es dauerhafter Temperaturen von über 20°C. Da dies in Mittel- und Nordeuropa bislang durch die ausgeprägten Jahreszeiten selten der Fall war, konnte sich das Virus hier bisher nicht ausbreiten.

Durch den Klimawandel und die damit verbundenen milden Winter ändert sich das nun.

Das Europäische Zentrum für Krankheitsprävention und Kontrolle (European Centre for Disease Prevention and Control) registriert seit vielen Jahren die zunehmende Ausbreitung des Virus in Europa und den Nachbarstaaten.

In Deutschland wurde das Virus erstmals 2018 bei Vögeln und Pferden in Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern nachgewiesen.

2019 wurden die ersten drei Infektionen in Deutschland (Sachsen, Brandenburg und Berlin) nachgewiesen. Man muss jedoch von bis zu 100fach mehr Infektionen ausgehen, die nicht diagnostiziert wurden, zum einen, weil Ärzt*innen in Deutschland noch nicht mit der Infektion rechnen, zum anderen, weil keine Symptome aufgetreten sind.

 

Verbreitung des West-Nil-Virus in den EU/EEA Mitgliedsstaaten und benachbarter Länder von 2010 bis 2019

Stand November 2019, Datenquelle: European Centre for Disease Prevention and Control. © ECDC

 

Impfungen

Seit 2005 sind mehrere Impfstoffe für Pferde zugelassen, die nun auch zunehmend in Deutschland verwendet werden.

Für Menschen gibt es bisher keinen zugelassenen Impfstoff. Im Rahmen des von der EU geförderten West-Nil-Shield Projects wurden unter der Koordination des Fraunhofer IZI zwischen 2011 und 2014 bereits potente Impfstoffkandidaten entwickelt. Für die weitere klinische Entwicklung sind jedoch noch erhebliche Aufwendungen notwendig. Bis dahin bleibt die einzige präventive Strategie der Schutz vor Mückenstichen.

Expertise und Kooperationsmöglichkeiten am Fraunhofer IZI

Die Arbeitsgruppe Impfstoff-Technologien entwickelt Diagnosetechniken und Präventionsstrategien für Infektionskrankheiten, darunter auch WNV. Am Institut wurden bereits diagnostische Tests entwickelt, die eine spezifische Analyse von WNV und dessen Differenzierung von anderen Flavivieren ermöglicht. Zudem wurden neue Impfstoffkandidaten entwickelt und präklinisch getestet, die nun für die weitere klinische Entwicklung zur Verfügung stehen.

Pressestimmen

SWR2 Wissen / 16.11.2020

Kommt der Superwirkstoff gegen Viren?

Deutschlandfunk Kultur / 9.7.2020

Impfstoffe der Zukunft: Wettlauf im Kampf gegen kommende Pandemien

ZDF heute / 14.11.2019

Welche Folgen der Klimawandel für Kinder hat

Leipziger Volkszeitung / 8.11.2019

Leipziger Biologe: Impfstoff würde Leben retten, doch die Forschung stockt aus Geldmangel

Spektrum.de / 1.11.2019

5 Fragen zum West-Nil-Fieber in Deutschland