DNA-Nanosysteme

Projekte

Präzise Analyse zellbasierter Medikamente

© Fraunhofer IZI

Am Fraunhofer-Zentrum für Mikroelektronische und Optische Systeme für die Biomedizin (MEOS) in Erfurt wird das MEOS Innovation Center for Precision Analysis of Cell Therapy Products, kurz MIC-PreCell, aufgebaut. 

Damit verbunden ist die Entwicklung neuer Analysemethoden zur Qualitätssicherung und Prozesskontrolle für die Herstellung von zellbasierten therapeutischen Produkten. Im Rahmen des Projekts werden Infrastruktur und Know-how zusammengebracht, um die derzeit noch bestehende große Lücke, die zwischen grundsätzlich vorhandenen Technologien zur Analyse zellbezogener Parameter und deren breiter Anwendung im Rahmen der Herstellung zellbasierter Medikamente klafft, zu schließen. 

Zellbasierte Therapien sind üblicherweise personalisiert auf den Patienten bzw. die Patientin abgestimmt und aufgrund der teils sehr aufwendigen Fertigungsprozesse oft noch sehr teuer. Für Menschen mit kritischem Krankheitsstadium ist zudem eine zeitnahe Herstellung oft überlebenswichtig. Im Rahmen des Projekts sollen deshalb moderne Methoden der integrierten Qualitätssicherung etabliert werden, mit denen die Herstellungsprozesse verkürzt und etwaige Produktionsfehler erheblich früher festgestellt werden können. Der Fokus liegt dabei auf dem breiten Einsatz innovativer Qualitätssicherungsmethoden in der Zellherstellung, wie der optomechanischen Profilerstellung, anhand derer sich mechanische Zelleigenschaften sofort und markierungsfrei bestimmen lassen. Auch die Analyse von VOCs (volatile organic compounds), die von Zellkulturen an die Außenluft abgegeben werden, sollen mit Hilfe eines Gaschromatograph-Ionenmobilitäts-­Spektrometers analysiert werden. Daneben werden Geräte zur Mikro­manipulation von Zellen und Zell-Clustern oder Organoiden zum Einsatz kommen, die eine direkte und detaillierte Echtzeitauskunft über den Zustand von therapeutischen Zellprodukten erlauben.

Krankheitsfrüherkennung in Körperflüssigkeiten mit photonischen Biosensoren

Am Fraunhofer IPMS entwickelte Multiplex-Mikroring-Resonator-Biosensoren
© Fraunhofer MEOS

Viele standardmedizinische Verfahren in der Diagnostik sind zeitaufwändig und berücksichtigen zudem nicht die individu­ellen Unterschiede zwischen Patient*innen. Dies kann zu fehler­haften oder unvollständigen Diagnosen und sub­optimalen Therapieentscheidungen führen.

Am Fraunhofer-Zentrum für Mikroelektronische und Optische Systeme für die Biomedizin (MEOS) entwickeln Forschende der Fraunhofer-­Institute IZI, IPMS und IOF gemeinsam Einweg-Biosensoren, mit dem Ziel die Analysegeschwindigkeit, die Anzahl der Messparameter und die Präzision der Ergebnisse zu verbessern.

Die photonischen Biosensorchips werden am Fraunhofer IPMS auf einer Siliziumnitrid-Wellenleiterplattform ent­wickelt. Diese Biosensoren bestehen aus speziell entwickelten, skalierbaren Mikroringresonatoren mit mehreren Kanälen. Die Detektions­methode basiert auf spezialisierten Bioassays, die am Fraunhofer IZI entwickelt wurden. Dabei werden spezifische Fängermoleküle an funktionalisierte Sensor­schichten gebunden. Deren Transmissionspektren ändern sich, sobald entsprechende Analyten an die Fängermoleküle binden. Diese Biosensoren sind hochsensibel und eignen sich zur Detektion von Biomolekülen in Körperflüssigkeiten, was sie wertvoll für die Früherkennung von Krankheiten macht. 

Das Forschungsteam hat erfolgreich einen Demonstrator auf Basis eines mehrkanaligen Siliziumnitrid-Mikroring-Resonator-­Biosensorsystems entwickelt. Dieses System ermöglicht die Multiplex-Detektion spezifischer miRNA-Biomarker, die mit neurodegenerativen Krankheiten in Verbindung stehen. Die Detektion erfolgt mittels DNA-basierter Fängermoleküle, die auf der Sensoroberfläche immobilisiert sind. Die entwickelten Sensoren und das integrierte System sind vielseitig einsetzbar und können für die Detektion verschiedener Biomarker, Viren oder Bakterien in verschiedenen Flüssigkeiten angepasst werden.

Partner
Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS; Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF

Glyco3Display: DNA-gestützte Anordnung von Glykanen zur Entwicklung neuer Pathogen-Antiadhäsive

Nahezu 100 Zuckermoleküle sind an große »DNA-Origami« -Nanostrukturen konjugiert, die aus mehreren hundert DNA-Oligonukleotiden gebildet werden. Wenn diese in ELISA-Platten integriert sind, können sie Standardantikörper ersetzen, die zum Einfangen oder Erkennen von Zielen in der Immundiagnostik verwendet werden.
© Fraunhofer IZI
Nahezu 100 Zuckermoleküle sind an große »DNA-Origami« -Nanostrukturen konjugiert, die aus mehreren hundert DNA-Oligonukleotiden gebildet werden. Wenn diese in ELISA-Platten integriert sind, können sie Standardantikörper ersetzen, die zum Einfangen oder Erkennen von Zielen in der Immundiagnostik verwendet werden.

Polysaccharide, auch Glykane genannt, sind lange und komplexe Zuckermoleküle, die aus einer Kette von Mono­sacchariden, wie Mannose, Glucose oder Fructose, bestehen. Pathogene Bakterien oder Viren nutzen diese Moleküle zum Erkennen, Binden und Infizieren von Wirtszellen. Daher sind aus medizinischer Sicht Zuckermoleküle wie Mannose, Heparin oder Sialinsäure, die sich auf der Membran mensch­licher Zellen befinden, besonders interessant. Des Weiteren spielt die Geometrie im Nanometerbereich eine entscheidende Rolle, da Pathogene die Prinzipien der Multivalenz nutzen, bei der zwei oder drei zucker­bindende Rezeptoren zusammenwirken, um ihre Bindungs­affinität zu erhöhen und so das Ziel effizienter zu infizieren.

Im Projekt Glyco3Display werden neuartige Verbindungen auf Kohlenhydratbasis erstellt, indem verschiedene Glykanmoleküle Verwendung finden, die an DNA-basierte Struktur­gerüste gebunden werden. Der Ansatz ermöglicht es, präzise Anord­nungen definierter Glykanketten mit einer räumlichen Auf­lösung von einem Nanometer zu erstellen. Hierfür werden zwei Schlüsseltechnologien, die DNA-Nanotechnologie des Fraunhofer IZI und die automatisierte Glykansynthese des Max-Planck-Instituts für Kolloide und Grenz­flächen, kombiniert.

Ein Teil des Projekts konzentrierte sich auf die Erstellung eines Hochdurchsatz-Assays zur Untersuchung der Bindung spezi­fischer Glykane und deren Isomere an Ziel­pathogene oder an zuckerbindende Proteine. Zu diesem Zweck werden glyko­sylierte DNA-Nanostrukturen in zwei standardmäßige Analyse­plattformen integriert, die Forschenden auf der ganzen Welt allgemein zugänglich sind.

Durch die Integration von DNA-Glycan-Verbindungen auf magnetische Beads kann jedes standardmäßige auto­matisierte Durchflusszytometer verwendet werden, um zu quantifizieren, welchen Einfluss die genaue Glycan-Zusammensetzung und ihre geometrische Anordnung aufgrund der DNA-Gerüste auf ihre Fähigkeit hat, die Oberfläche des Pathogens zu binden. Alternativ werden verschiedene Arten von DNA-Glycan-Nano­strukturen mit der Hardware verwendet, die zur Durchführung klassischer ELISA-Assays verwendet wird. Auf diese Weise können synthetische Ersatzstoffe für Antikörper hergestellt werden, die beim Nachweis in der Immundiagnostik verwendet werden. Im Gegensatz zu Standard-ELISAs oder ähnlichen Assays können mit dieser Methode schnell viele mögliche Liganden untersucht werden. Zudem ermöglicht es die Steuerung der geometrischen Anordnung, in der die Zielproteine präsentiert werden.

Zielgenaue Stimulation von EphA2 Rezeptoren durch DNA-vermittelte Oligovalenz

Durch Bindung der Peptid-gekoppelten DNA-Trimere an EphA2-Rezeptoren (grün) formen sich Rezeptorcluster. Anschließend kommt es zur Auto­phosphorylierung und Aktivierung tumorunterdrückender Signalwege
© Fraunhofer IZI
Durch Bindung der Peptid-gekoppelten DNA-Trimere an EphA2-Rezeptoren (grün) formen sich Rezeptorcluster. Anschließend kommt es zur Auto­phosphorylierung und Aktivierung tumorunterdrückender Signalwege

In der DNA-Nanotechnologie werden DNA-Stränge nicht aufgrund ihrer genetischen Kodierungsfähigkeiten, sondern als Baumaterial verwendet. Mit rationalen Konstruktions­prinzipien können einzelne DNA-Stränge zu präzisen Nano­strukturen nahezu beliebiger Form zusammengefügt werden. Diese Nanostrukturen ermöglichen die Anlagerung funktioneller Moleküle wie Peptide an nahezu jeder eindeutigen Stelle ihrer Struktur. Da Strukturmerkmale mit der räumlichen Auflösung eines einzelnen Basenpaares (0,34 Nanometer) geändert werden können, ist es möglich, mehrere Moleküle in einer genau kontrollierten Geometrie anzubringen. Wenn diese Moleküle Liganden sind, die an bestimmte Ziele binden, kann ihre räumliche Anordnung entsprechend der Geometrie des gewünschten Ziels gesteuert werden. Dies führt zu optimierten Bindungs- und / oder Signalwechsel­wirkungen.

In diesem Projekt wurde die Wirksamkeit von SWL, einem ephrinähnlichen Peptid, das spezifisch an Ephrin A2 (EphA2) -Rezeptoren bindet, um einen Faktor von fast vier Größenordnungen gesteigert. Dies gelang, indem drei dieser Peptide auf kleinen DNA-Nanostrukturen so präsentiert wurden, dass oligo­valente Bindung an den Zielrezeptor möglich ist. Ephrin-Signalwege spielen eine entscheidende Rolle bei der Ent­stehung und beim Fortschreiten vieler Krebsarten und sind potenzielle Ziele bei der Diagnose, Bildgebung und Behandlung von Krebs.

Hier wurde der Einfluss der SWL-Valenz auf die Bindungs­affinität, die Phosphorylierung (entscheidender Schritt für die Aktivierung) und die Regulation von EphA2-exprimierenden Prostatakrebszellen im Phänotyp nachgewiesen. DNA-Strukturen mit drei SWL-Peptiden erhöhten die EphA2-Phosphorylierung um das 8000-fache. Darüber hinaus zeigte die punktgenaue Interaktion dieser Konstrukte einen stärkeren Einfluss auf die Form von Zellen im Vergleich zu Ephrin A1, einem der natürlichen Liganden von EphA2. Diese Ergebnisse zeigen, dass einfache DNA-Strukturen verwendet werden können, um die Wirksamkeit von schwachen Peptiden unter Verwendung einer oligovalenten Anordnung im Nanometerbereich stark zu steigern.

Programmierung mechanischer Eigenschaften von Biomaterialen mit DNA

Beispiele gebündelter, Stern-ähnlicher, vernetzter und kompakter Micropartikelstrukturen, die aus DNA-Röhren geformt wurden. (von New J. Phys. 18 (5), 055001)
Beispiele gebündelter, Stern-ähnlicher, vernetzter und kompakter Micropartikelstrukturen, die aus DNA-Röhren geformt wurden. (von New J. Phys. 18 (5), 055001)

Jenseits ihrer üblichen Rolle als Träger genetischer Informa­tionen in lebenden Organismen, wurde DNA ebenfalls als höchst vielseitiges Material für die Herstellung von Nano­partikeln und -maschinen bekannt. Durch sorgfältiges Ent­werfen der Sequenzen einer DNA-Strang-Auswahl kann die komplementäre Basenpaarung genutzt werden, um Größe, Form und mechanische Eigenschaften einzelner DNA-basierter Nanopartikel oder größerer DNA-basierter Materialien zu kontrollieren.

Ein Beispiel schließt Materialien ein, die aus DNA-Nanoröhren geformt werden. Eine kleine Auswahl von DNA-Strängen wird so entworfen, dass mikrometerlange Filamente selbst­ständig assemblieren. Ihre nanometergroßen Durchmesser können präzise kontrolliert werden, um ihre nanoskaligen mechanischen Eigenschaften zu programmieren. Diese können als künstliche Imitate biologisch abgeleiteter Strukturen wie Aktin- oder Kollagen-Filamente eine Rolle spielen. Zusätzlich befähigt die programmierbare Natur der DNA-Stränge Parameter wie Steifigkeit einzelner Nanoröhren selektiv zu kontrollieren, was mit biologisch abgeleiteten Materialien wie Aktin und Kollagen unmöglich ist.

Durch die Bildung von DNA-Nanoröhren in einer gedrängten molekularen Umgebung, wie sie auch in Zellen vorkommt, können sie außerdem zu Mikrostrukturen assemblieren, die von ihrer Steifigkeit und ihrem Volumenanteil abhängen. Diese sternähnlichen bzw. gebündelten Struk­turen ähneln zellulären Strukturen wie Stressfasern, Filopo­dien oder mitotischen Spindeln, und sind Werkzeuge, die Einblicke in die grundlegenden Mechanismen ihrer Bildung in biolo­gischen Systemen geben.

Zusätzlich bilden DNA-Nanoröhren bei geringeren Volumen­anteilen eng verstrickte, elastische Hydrogele. Ihre Elastizität (G‘) kann über eine weite Spanne eingestellt werden, indem die Netzwerkdichte oder die Steifigkeit der einzelnen DNA-Nanoröhren verändert wird. Dadurch ist es möglich, die Steifigkeit des Hydrogels genau festzulegen und unabhängig davon Faktoren, wie zum Beispiel die Poren­größe, beizu­behalten. Die Möglichkeit, makroskopische Eigenschaften durch programmierbare, nanometergroße Bau­steine zu kontrollieren, kann in einem viel breiteren Spektrum angewendet werden. So zum Beispiel können funktionelle Materialien für zellbasierte Anwendungen, wie zum Beispiel die 3D-Zellkultur, oder für Nährstoffablagerungen in Lang­zeitbioreaktoren entwickelt werden.

Weitere Projekte

  • Entwicklung molekularer Träger und immunologischer Systeme von DNA und Hybridmaterialien
  • Energieumwandlung und Ordnungsphänomene in DNA-basierten und zusammengesetzten Nanomaterialien
  • Mechanische Charakterisierung von DNA-basierten und zusammengesetzten Nanomaterialien