Next-Generation Diagnostics

Projekte

SARS-CoV-2 Vollgenomsequenzierung gemäß Coronavirus-Surveillanceverordnung

Flow cell
© Fraunhofer IZI
Für die Sequenzierung werden die Proben auf eine FlowCell (im Bild gezeigt) aufgetragen und anschließend analysiert.

Die weltweite Ausbreitung von SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2) sowie neuer Virusvarianten mit mutmaßlich gesteigertem Infektionsrisiko, machen eine zeitnahe Bestimmung der aktuell zirkulierenden Virusstämme notwendig. Mit dem Ziel die Anzahl der SARS-CoV-2 Genomsequenzierungen in Deutschland zu erhöhen und damit die Ausbreitung dieser Viren, sowie das Auftreten neuer Varianten frühzeitig festzustellen, ist am 19. Januar 2021 die Corona­virus-Surveillanceverordnung (CorSurV) in Kraft getreten. Diese sieht vor, dass mindestens fünf Prozent aller positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Proben der Sequenzierung zugeführt werden (zehn Prozent bei bundesweit weniger als 70 000 Neuinfektion in einer Woche). Um alle Daten an einer gemeinsamen Stelle zu sammeln, müssen zudem sämtliche gewonnenen Sequenzierdaten über die DESH-Plattform an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt werden und die Befunde den zuständigen Gesundheitsämtern gemeldet werden.

Für die Durchführung einer Vollgenom­sequenzierung wird am Fraunhofer IZI ein Ansatz genutzt, bei dem das komplette Virusgenom zunächst abschnittsweise, mittels spezifischer PCR-Reaktionen, vervielfältigt wird. Anschließend werden diese Genomabschnitte mit probenspezifischen Barcodes sowie Sequenzieradaptern markiert. Dadurch können mehrere Proben parallel sequenziert werden, das heißt die Abfolge der Nuklein­säure-Basen jedes Virusgenoms wird ermittelt. Die resultierenden Sequenzrohdaten werden einer bioinformatischen Analyse unterzogen, bei der die Nukleinsäure­sequenzen der einzelnen Genomabschnitte den zugehörigen Proben zugeordnet und wieder zu einem vollständigen Virusgenom zusammengesetzt werden. Anschließend wird das sequenzierte Virus­genom mit dem Referenz­genom des ursprünglich in Wuhan aufgetretenen SARS-CoV-2-Stamms abgeglichen. Werden relevante Veränderungen im Vergleich zum Referenzgenom festgestellt, wird die neue Virus­sequenz gegen eine Datenbank abge­glichen, um zu bestimmen, um welche Virus­variante es sich handelt. Die Ergebnisse werden in einem Report zusammen­gestellt und an den jeweiligen Auftrag­geber (klinische Partner bzw. Diagnostik­labore) übermittelt, sowie die vollständigen Sequenzdaten auf elektronischem Weg an das RKI übertragen. 

Durch die Kenntnis der vorherrschenden Virusvarianten, verbunden mit dem Wissen über Zeitpunkt, Häufigkeit und Ort des Auftretens, können Veränderungen hinsichtlich Ausbreitungs­geschwindigkeit und Schwere der ausgelösten Erkrankung bestimmt werden und gegebenenfalls notwenige Maßnahmen durch die zuständigen Behörden eingeleitet werden.

Entwicklung neuartiger Biomarker für die Diagnose und Prognose des Prostatakarzinoms

Teilautomatisierte Extraktion von Nukleinsäuren (RNA und DNA)
© Fraunhofer IZI
Teilautomatisierte Extraktion von Nukleinsäuren (RNA und DNA).

Aufgrund der demographischen Entwicklung nehmen onkologische, chronisch-entzündliche und degenerative Erkrankungen stetig zu. Deren Therapie ist trotz einer wachsenden Zahl von Behandlungsoptionen oft unbefriedigend. Hier kann eine personalisierte Therapie grundlegende Fortschritte bringen. Voraussetzung dafür ist die präzise Bestimmung der molekularen Basis einer Erkrankung sowie die Vorhersage des individuellen Krankheitsverlaufs und Therapie­ansprechens. Seit der vollständigen Sequenzierung des menschlichen Genoms in 2001 eröffnet die Entschlüsselung krankheitsrelevanter Gene neue Optionen für die Entwicklung maßgeschneiderter Therapieansätze. Neben dem Nachweis von Veränderungen in den DNA-Mustern (zum Beispiel Mutationen), rückt zunehmend die Untersuchung der RNA-Expressionsmuster von Genen, mittels transkriptomweiter Sequenzierung in den Fokus.

Innerhalb des von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung geförderten RIBOLUTION-Projekts wurden auf der Grundlage von transkriptomweiter (RNA-) Sequenzierung in Kombination mit Microarray-Analysen neue Biomarker für das Prostata­karzinom identifiziert. Dabei wurden sowohl Biomarker für die Diagnose der Erkrankung, als auch für die Prognose der Aggressivität des Karzinoms gefunden.

Für die Bestätigung und spätere Anwendung als diagnos­tische Biomarker, soll eine überschaubare Anzahl Biomarker mittels eines einfachen Tests nachgewiesen werden. Daher wurde ein Workflow für den Nachweis diagnostischer Biomarker im Urin, unter Anwendung der quantitativen Realtime-PCR (qPCR) entwickelt. Für die Optimierung erfolgte unter anderem eine ausführliche Testung geeigneter Referenz- und Zielregionen, der Primer und Sonden sowie eine Anpassung der Reaktionsbedingungen. Für die Auswertung wurden die ausgewählten Biomarker, in enger Kooperation mit der AG Bioinformatik, mittels eines eigens entwickelten Algorithmus untersucht.

Für die komplexere Fragestellung der Prognose, entwickelte die AG Analysestrategien einen Workflow, der auf RNA-Sequenzierung aus FFPE-Biopsiematerial beruht. Ziel war es, in klinisch verfügbaren Proben, ein breites Spektrum potenzieller Biomarker nachzuweisen. Im Sinne einer Zeit- und Kosten­reduktion erfolgte eine Optimierung der Sequenzierung hinsichtlich Sensitivität und Robustheit. Auf Grundlage dieses etablierten Vorgehens erfolgt aktuell die transkriptomweite Sequenzierung einer großen Patientenkohorte (n>150), zur Bestätigung der identifizierten Biomarker.

Die im Rahmen des Projekts entwickelten Workflows sollen zukünftig auf weitere Indikationen übertragen werden.

Ribolution

Das Projekt »RIBOLUTION – Integrierte Plattform für die Identifizierung und Validierung innovativer RNA-basierter Biomarker für die Personalisierte Medizin« ist ein von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung geförderter Forschungsverbund. Das Projekt wird durch Prof. Dr. Friedemann Horn am Fraunhofer IZI koordiniert.

Im Projekt RIBOLUTION werden durch genomweite Screening-Verfahren neue RNA-Biomarker für komplexe Erkrankungen (beispielsweise onkologische, chronisch-entzündliche und degenerative Erkrankungen) identifiziert. Dabei erfasst RIBOLUTION auch sogenannte nichtkodierende RNAs, deren Bedeutung als potenzielle Biomarker erst in jüngster Vergangenheit erforscht wurde.

Im Anschluss an die Screening-Phase werden potenzielle Biomarker hinsichtlich ihrer diagnostischen und prognostischen Aussagekraft beurteilt. Interessant sind dabei solche Biomarker, die als diagnostische Indikatoren eine Erkrankung anzeigen oder ihren Verlauf bzw. das Ansprechen auf Therapien prognostizieren können.

Zusätzlich wird der Prozess des Biomarker-Screenings durch RIBOLUTION mit Hilfe technischer Innovationen optimiert und perfektioniert.

Endokarditis

In Kooperation mit dem Herzzentrum Leipzig und dem Institut für Mikrobiologie der Universität Leipzig wird die Fragestellung einer verbesserten Erregerdiagnostik bei einer infektiösen Endokarditis bearbeitet.

Mittels genomweiter Sequenzierung werden Krankheitserreger sowohl direkt auf den infizierten Herzklappen als auch im Blut der Patient*innen identifiziert und mit den Befunden aus dem mikrobiologischen Analyselabor verglichen.

Ziel ist es, in Ergänzung zu den bereits zur Verfügung stehenden mikrobiologischen Analysen, eine optimierte Behandlungsstrategie für jede*n einzelne*n Patient*in abzuleiten. Dabei stehen vor allem die bisher nur unzureichend abschätzbare Notwendigkeit einer Operation bzw. der Einsatz der passenden Antibiose im Vordergrund.

Mammakarzinom

In einem gemeinsamen Projekt mit der Universitäts-Frauenklinik Essen werden Gene, welche für die Entstehung und die Metastasierung des Mammakarzinoms relevant sind, hinsichtlich ihrer Expressionsmuster und des Auftretens von Mutationen untersucht.

Dafür wurde in der Arbeitsgruppe ein spezieller DNA-Capture-Ansatz entwickelt, der es ermöglicht, krankheitsrelevante DNA-Abschnitte aus Primärtumoren und Metastasen von Patientinnen gezielt anzureichern und nachfolgend zu sequenzieren. Gleichzeitig werden am Klinikum in Essen zirkulierende Tumorzellen (CTCs) aus Patientinnenblut isoliert, in denen die Expression Mammakarzinom-relevanter Gene mittels PCR untersucht wird.

Die Daten dieser Studien sollen zeigen, wie sich Primärtumore und Metastasen in ihren Mutations- und Expressionsmustern unterscheiden. Zudem wird untersucht, ob CTCs für die Diagnose des Mammakarzinoms genutzt werden können und Hinweise für eine zielgerichtete Behandlung liefern. Dadurch könnten komplizierte operative Entnahmen von Tumorgewebe überflüssig werden.

Funktionelle Analysen zur Rolle von nichtkodierenden RNAs in Multiplem Myelom, Glioblastom und Alzheimer

In den vergangenen Jahren konnte durch genomweites Next-Generation-Sequencing eine Vielzahl an nicht proteinkodierenden RNAs (ncRNAs) identifiziert werden. Viele dieser ncRNAs haben offensichtlich einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten. Dennoch ist ein Großteil dieser Transkripte kaum funktionell charakterisiert.

Der Schwerpunkt dieses Projekts liegt daher auf der umfassenden funktionellen Analyse solcher ncRNAs in verschiedenen immunologisch und neurologisch relevanten Zellsystemen. Durch den gezielten Knockdown einer ncRNA ist es in nachfolgenden Untersuchungen möglich, ihren Einfluss auf die Vitalität, Apoptoserate, Proliferation, Adhäsion und Migration von Zellen zu bestimmen. Des Weitern kann die Expression und Lokalisation von ncRNAs innerhalb von Geweben, aber auch auf Einzelzellebene visualisiert und quantifiziert werden. Vertiefend dienen In-vivo-Interaktionsstudien der Identifizierung von ncRNA-Bindungspartnern auf RNA-, DNA- und Proteinebene. Ziel ist es, die molekularen und zellulären Wirkungsmechanismen von ncRNAs aufzuklären, um deren Rolle in diversen Krankheitsmodellen besser zu verstehen und mögliche therapeutische Ansatzpunkte herauszuarbeiten.

Abgeschlossenes Projekt: Diagnostik zirkulierender Tumorzellen

Dieses SAB-geförderte F&E-Verbundvorhaben wurde von der ApoCell Europe GmbH gemeinsam mit verschiedenen Arbeitsgruppen des Fraunhofer IZI durchgeführt. Das Ziel war die Entwicklung innovativer Technologien zur Erfassung und Charakterisierung zirkulierender Tumorzellen. Damit soll die Entwicklung signifikant verbesserter Tumordiagnostika und innovativer Therapien vorangetrieben werden.