Protein- und Wirkstoffbiochemie

Projekte

Validierung von Meprin α als antimigratorisches Wirkstofftarget für die Krebstherapie

Projekt in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen Molekulare Biotechnologie sowie Astacinproteinasen

Etablierung und Prüfung effektiver Verfahrensweisen zur Untersuchung von Struktur-Aktivitätsbeziehungen mittels Proteinkristallographie (EtaPPro)

Die Aufklärung und Charakterisierung der Struktur und der Wechselwirkungsbeziehungen von Proteinen (Targets) mit Wirkstoffmolekülen und darauf aufbauend die Weiterentwicklung der Wirkstoffe ist ein wichtiger Bestandteil bei der Etablierung neuer molekulare Strategien zur Behandlung von Erkrankungen, aber auch bei der Weiterentwicklung anderer Protein- basierter Ansätze.

Im Rahmen des Projekts werden vier Teilprojekte bearbeitet. Um dabei die jeweils spezifischen Fragestellungen beantworten zu können, werden experimentell die Proteinstrukturen eines oder mehrerer Targets durch Röntgenstrukturanalyse gelöst. Diese Erkenntnisse dienen dann als Grundlagen für weitere Forschungsansätze und Weiterentwicklungen.

Konkret werden im Projekt u.a. die Bindungsmodi neuartiger, proprietärer Wirkstoffe erforscht, indem die Komplexstrukturen von humaner Glutminyl-Cyclase und Meprin beta jeweils mit entsprechenden Wirkstoffmolekülen gelöst werden. Dies ist eine Voraussetzung, um patentierbare Prototypen entwickeln zu können, die für eine frühzeitige Therapie der Alzheimer´schen Erkrankung zum Einsatz kommen könnten.

Weiterhin steht die Gestalt der Bindungstasche eines monoklonalen Antikörpers im Fokus, der ebenfalls für die Behandlung der Alzheimer´schen Erkrankung von Interesse ist. Aus den gewonnenen Daten sollen hier die spezifischen Bindungseigenschaften als Grundlage für eine weitere biochemische Evaluierung und anschließend die Humanisierung abgeleitet werden.

In einem dritten Projektteil forscht das Team zu den proteinogenen Süßstoffen Thaumatin II und Brazzein. Gewonnen aus neuartigen Produktionsquellen, sollen sie als Nahrungsergänzungsmittel dienen. Im Projekt werden die Strukturen und wichtige posttranslationale Modifikationen verifiziert.

Weiterer Untersuchungsgegenstand sind Lektine. Derzeit befinden sich zur nasalen Anwendung mehrere Produktkandidaten auf Lektinbasis zum Schutz vor einer Infektion mit Corona- als auch Influenzaviren in der klinischen Erprobung. Um Aussagen über Gestalt und Details auf molekularer Ebene treffen zu können, wird im Rahmen des Projekts erstmalig eine Strukturaufklärung und Bindungs-Charakterisierung vorgenommen.

Das Projekt »Etablierung und Prüfung effektiver Verfahrensweisen zur Untersuchung von Struktur-Aktivitätsbeziehungen mittels Proteinkristallographie (EtaPPro)« wird vom Land Sachsen-Anhalt mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Peptidaggregate und Mikropartikel für therapeutische Anwendungen

Zahlreiche, häufig unheilbare Erkrankungen des Menschen sind auf eine Fehlfaltung und Ablagerung von Peptiden oder Proteinen zurückzuführen. Zu diesen Proteinfaltungserkrankungen zählen zum Beispiel die Alzheimer- und Parkinson-Krankheit sowie andere neurodegenerative Erkrankungen. Dabei bilden sich aus körpereigenen Eiweißen fibrilläre Strukturen, die im Organismus sehr stabil sind und in den betroffenen Geweben zu einer Zellschädigung führen. Ein therapeutischer Ansatz ist die Entwicklung von Antikörpern, welche die stabilen Aggregate markieren und für alternative Abbauprozesse (Phagozytose) zugänglich machen. Die Charakterisierung des Bindungsverhaltens an die Aggregate ist ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung dieser Wirkstoffe.

Ziel des gemeinsamen Projekts zwischen dem Fraunhofer IZI (Außenstelle Molekulare Wirkstoffbiochemie und Therapieentwicklung) und dem Fraunhofer IMWS ist es daher, die Struktur fibrillärer Proteine (zum Beispiel Amyloid-α, ADan) mittels mikroskopischer Techniken (TEM, AFM) zu untersuchen. Hierzu werden die Peptide bzw. Proteine synthetisiert, gereinigt und in vitro zur Aggregation gebracht. Die Bindung von monoklonalen Antikörpern an diese Strukturen wird mittels Immunogold-Markierung charakterisiert. Dafür wurde in enger Kooperation zwischen den Projektpartnern ein Protokoll für die Aufarbeitung sowie Präparation (Kontrastierung) der Proteine erarbeitet. Mittels HAADF-STEM und AFM konnte beispielsweise eine Anlagerung von ringförmigen und globulären Einheiten an β-Synucleinfilamente während der Proteinaggregation abgebildet werden. Untersuchungen von Antikörper-Fibrillen-Interaktionen zeigen die Bindung von AuCluster-markierten Antikörpern an Aβ-Filamente. So können Bindungspositionen der Antikörper an den Filamenten differenziert werden. Diese Untersuchungen, begleitet durch Oberflächen-Plasmonresonanz (Biacore™) und isothermale Titrationskalorimetrie (ITC), stellen einen wertvollen Beitrag für die Entwicklung von Antikörpern dar und haben daher Beispielcharakter für die Entwicklung von Proteinwirkstoffen.

Das Projekt wird im Rahmen des Leistungszentrum »Chemie und Biosystemtechnik« bearbeitet.

Therapeutische Antikörper gegen aktive Chemokine

Chemokine sind von Zellen gebildete Signalproteine oder -peptide, die eine Wanderungsbewegung von Immunzellen auslösen. Die Sekretion inflammatorischer Chemokine wird vor allem durch entzündliche Prozesse und pathogene Substanzen induziert, woraufhin Leukozyten entlang eines Konzentrationsgradienten zur Quelle der Chemokinproduktion rekrutiert werden. In einer Vielzahl von chronischen inflammatorischen Erkrankungen wie Arthritis, Multiple Sklerose und Kolitis spielt die Fehlregulation von Chemokinen eine destruktive Rolle. Die hohe Präsenz der Chemokine, die eigentlich der Bekämpfung von Pathogenen und defektem Gewebe dienen, führt in diesem Fall aber zu einem vermehrten Einstrom von Immunzellen und schließlich zu deren Angriff auf noch gesunde körpereigene Strukturen.

Einige Chemokine weisen nach Abspaltung des Signalpeptids ein Glutamin als N-terminale Aminosäure auf, welches unter physiologischen Bedingungen durch die Aktivität der Glutaminylcyclasen QC und isoQC zu Pyroglutamat umgewandelt wird. Der dabei entstandene Lactamring ist im physiologischen pH-Bereich nicht protoniert, was dem jeweiligen Chemokin eine erhöhte Resistenz gegenüber Aminopeptidasen und Exoproteasen verleiht, die eine protonierte Aminogruppe für die Substratbindung benötigen.

Weiterhin konnte für die oben genannten Chemokine gezeigt werden, dass der aminoterminale Pyroglutamatrest eine effektivere Bindung an die jeweiligen Rezeptoren vermittelt und vermutlich die Faltung der Proteine beeinflusst. Endoproteasen, wie zum Beispiel die Matrix-Metalloproteasen, können dennoch spalten, unabhängig von einer N-terminalen Pyroglutamatbildung. Durch diese Spaltung werden aber häufig physiologische Antagonisten geschaffen, die auf natürliche Weise den Rezeptor blockieren und zum Abklingen der Reaktion beitragen.

Unser Ansatz liegt in der Entwicklung von Proteinwirkstoffen, die modifizierte Zielproteine – neben der N-terminalen Modifikation kommen hier auch andere Strukturelemente in Frage – neutralisieren. Im Zuge geplanter Kooperationen mit Industriepartnern sollen weitere therapeutische Proteine mit Antikörper-ähnlichen Eigenschaften entwickelt werden.

Post-translationale Proteinmodifikationen als Ansatzpunkte zur Therapie neurodegenerativer Erkrankungen

Neurodegenerative Erkrankungen sind durch einen fortschreitenden Verlust von Hirnsubstanz gekennzeichnet. Der Untergang der Nervenzellen geht mit der Entwicklung einer Demenz, d.h. der qualitativen und quantitativen Abnahme der Hirnleistung einher. Das Altern stellt einen Hauptrisikofaktor dar, an einer Demenz zu erkranken. Aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung stellen demenzielle Syndrome, allen voran die Alzheimer-Krankheit (AD), in den kommenden Jahrzehnten eine Herausforderung für das Gesundheitssystem dar. In Deutschland sind derzeit ca. 1,4 Mio Menschen betroffen, weltweit wird die Zahl auf ca. 44 Mio geschätzt. Bis 2050 wird sich diese Zahl vermutlich verdreifachen. Obgleich einige Medikamente zugänglich sind, um die Symptome der Erkrankungen abzuschwächen, ist derzeit keine kurative Therapie verfügbar.

Die überwiegende Mehrzahl der neurodegenerativen Erkrankungen ist auf die Fehlfaltung, d.h. eine Änderung der Struktur, von Eiweißen (Proteine) zurückzuführen. Die Strukturänderung bewirkt eine Ablagerung, was das umliegende Gewebe bzw. die Zellen schädigt und zum Absterben führt. Therapeutisches Ziel ist deshalb, die Ablagerung der Peptide zu verhindern bzw. den Abbau der entsprechenden Proteine zu beschleunigen.

Neuere Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass zahlreiche dieser Proteine Veränderungen (posttranslationale Modifikationen) unterliegen, welche häufig deren Ablagerung beschleunigen. Zu diesen Modifikationen zählen die Bildung von Pyroglutamat, Isoaspartat oder die Nitrierung und Phosphorylierung.

Ziel des Projekts ist die Identifizierung posttranslationaler Veränderungen in abgelagerten Proteinen, welche charakteristisch für die jeweilige neurodegenerative Erkrankung sind. Die Bildung der Modifikation soll dabei untersucht und Strategien zu deren Unterdrückung abgeleitet werden. Die neuartigen Wirkstoffe könnten die Veränderung der Proteine unterbinden (Enzym-Effektoren) oder die modifizierten Proteine binden und dem Abbau zuführen (Proteinwirkstoffe).